Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Gleichstellung eines Forderungsausfalls mit einer Veräußerung unter Geltung der Abgeltungssteuer. Forderungsverzicht als verdeckte Einlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einführung der Abgeltungssteuer zum 1.1.2009 hat nicht dazu geführt, dass der Ausfall einer Kapitalforderung, der zum Wegfall der Vermögenssubstanz führt, einer Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 4 S. 1 EStG gleichzustellen wäre.

2. Der Forderungsverzicht eines Gesellschafters führt nur in Höhe des im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltigen Teils der Forderung zu einer verdeckten Einlage und zum Zufluss der Darlehensvaluta.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.08.2019; Aktenzeichen VIII R 18/16)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Beide erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen, der Kläger zudem solche aus Vermietung und Verpachtung.

Der Kläger war im Streitjahr 2010 mit 48,15% wesentlich an der Firma C… GmbH, D… (nachfolgend nur: GmbH) beteiligt. An dieser GmbH waren bis zum 31.12.2009 die E… AG und die F… GmbH, die ebenfalls Anteilseigner an der GmbH waren, auch noch als typisch stille Gesellschafter beteiligt. Zum Zeitpunkt der Beendigung der typisch stillen Beteiligungen war die GmbH nicht in der Lage die geleisteten Einlagen nebst Zinsen an die beiden ehemaligen stillen Gesellschafter auszuzahlen. Zum 31.12.2009 wies die GmbH einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 1.477.819,07 EUR auf.

Mit notariellen Verträgen vom 04.06.2010 und 26.03.2010 haben die ehemals stillen Beteiligten ihre Forderungen gegenüber der GmbH abgetreten, wobei der Kläger Anteile an diesen Forderungen zu einem Nennwert von 801.768,78 EUR erwarb. Der Kaufpreis betrug 364.154,60 EUR, wovon ein Teilbetrag von 145.000 EUR sofort zu entrichten und der Restbetrag über zehn Jahre, abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH, gestundet war. Laut Notarvertrag war „die Rückführung der zum 31.12.2009 fällig gewordenen stillen Beteiligung in Gänze oder in Tranchen für die GmbH nicht darstellbar. Die Zinsforderungen zum 31.12.2009 beliefen sich auf insgesamt 188.570,12 EUR. Zur Finanzierung des sofort fälligen Kaufpreisanteils hat der Kläger bei der G… Bank ein Darlehen in Höhe von 80.000 EUR aufgenommen.

Hinsichtlich der abgetretenen Forderungen hat der Kläger zum 08.07.2010 einen Darlehensvertrag mit der GmbH über 801.768 EUR zu einer Verzinsung von 7% p.a. abgeschlossen. Der Zinsanspruch sollte erst mit Beginn des Tages, der auf den folgt, an dem in der Bilanz der GmbH erstmals die Bilanzposition „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag” nicht mehr mit einem Positivbestand ausgewiesen werden müsse. Die Laufzeit war bis zum 31.12.2015 vereinbart. Über einen Teilbetrag in Höhe von 275.000 EUR wurde dabei ein Darlehensverzicht und eine Zuführung zur Kapitalrücklage der GmbH beschlossen. Ein Rangrücktritt wurde insoweit nicht vereinbart. In der Bilanz der GmbH zum 31.12.2010 sind für den Kläger insgesamt Gesellschafterdarlehen von 519.483 EUR bilanziert, die mit 7% zu verzinsen sind.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2010 machten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten in Form von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend, die der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 27.03.2012 aber nicht in Ansatz brachte. Die bei den Kapitaleinkünften geltend gemachten Verluste aus der Bearbeitungsgebühr und den Zinsen für das Finanzierungsdarlehen des Klägers bei der G… Bank, berücksichtigte der Beklagte zunächst nur teilweise. Im Rahmen des hiergegen fristgerecht erhobenen Einspruchs wurde laut Bericht über die Betriebsnahe Veranlagung –BNV– vom 13.12.2012 bei der Sachverhaltsaufklärung die Feststellung getroffen, dass die zu den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemachten Werbungskosten wie erklärt zu berücksichtigen seien. Das Darlehen diene der Refinanzierung des hingegebenen Gesellschafterdarlehens und gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1b Einkommensteuergesetz –EStG– finde die tarifliche Steuer Anwendung. Der Kläger erziele aus dem Gesellschafterdarlehen Zinserträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von der GmbH. Daraufhin erging zunächst hinsichtlich der Verluste aus Kapitalvermögen am 28.12.2012 ein Änderungsbescheid und am 22.01.2013 eine Einspruchsentscheidung, mit der der Einspruch bezüglich der Aufwendungen für das Arbeitszimmer als unbegründet abgewiesen wurde.

Mit ihrer Klage machten die Kläger zunächst geltend, dass das Arbeitszimmer eigentlich für berufliche Zwecke der Klägerin genutzt werde, woraufhin der Beklagte am 20.11.2013 einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2010 erließ und nunmehr bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR in Ansatz brachte.

Gegen ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge