Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer bei Erwerb eines Grundstücks in seinem zukünftigen bebauten Zustand bei objektivem Zusammenhang zwischen Kaufvertrag und Generalübernehmervertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Erwerber erwirbt ein Grundstück in seinem zukünftigen bebauten Zustand auch dann, wenn er zwar bei Abschluss des Kaufvertrags keine rechtlich bindende Verpflichtung zum Abschluss der die Bebauung betreffenden Verträge eingeht, aber ein objektiver sachlicher Zusammenhang zwischen dem Kaufvertrag und dem Generalübernehmervertrag besteht und der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise bereits im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Grundstückskaufvertrags faktisch auf die Bebauung des Grundstücks in der vom Veräußerer vorgegebenen Art und Weise festgelegt ist.

2. Dem Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstandes steht es nicht entgegen, dass der Erwerber noch nicht umunkehrbar auf die Beauftragung bestimmter bauausführender Unternehmen festgelegt ist.

3. Eine Beschränkung des Veräußerungsgegenstandes auf das unbebaute Grundstück unter dem Aspekt der Veräußerung „an sich selbst” setzt Personenidentität auf Seiten des Veräußerers und des Erwerbers voraus. Beim Erwerb einer GbR von ihren Gesellschaftern ist diese Identität nicht gegeben, da die GbR grunderwerbsteuerrechtlich ein eigenständiges Rechtssubjekt darstellt.

4. Ein Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage liegt auch beim Übergang eines Grundstücks im Zug der Auflösung einer Gesellschaft vor, also auch dann, wenn sich die Gesellschafter einer GbR darauf verständigen, das Vermögen dieser Gesellschaft ohne Liquidation auf die Gesellschafter einer anderen, nahezu beteiligungsidentischen Gesellschaft zu übertragen.

5. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG n.F. stellt lediglich eine normative Umsetzung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über den einheitlichen Erwerbsgegenstand dar.

 

Normenkette

GrEStG 1997 § 1 Abs. 1 Nrn. 1-2, 7, Abs. 3, § 6 Abs. 3, § 8 Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.02.2011; Aktenzeichen II R 48/08)

 

Tenor

Abweichend von dem Bescheid vom 19. Juni 2005 wird die Grunderwerbsteuer auf … DM (= … EUR) festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 41 %, dem Beklagten zu 59 % auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR –. Gründungsgesellschafter waren die … – B – AG – zu 95 %, die … – C – GmbH – zu 4 %sowie D zu 1 %.

Die B – AG hatte mit Vertrag vom … Februar 1995 (UR-Nr. … des Notars E, …) einen Durchführungs-, Erschließungs- und Grundstückskaufvertrag über die Ersterschließung und Bebauung des Stadtzentrums „R” in … mit K geschlossen. Nach diesem Vertrag ist die B – AG zur Ersterschließung des Stadtzentrums „R” sowie zur Bebauung entsprechend den Festsetzungen des B-Planes … vom … Mai 1995 verpflichtet.

Gegenstand des Kaufvertrages vom … Februar 1995 war u.a. das an der … Straße gelegene, zu dem betreffenden Stadtzentrum gehörende Baugrundstück X.2, das sich aus den Flurstücken … in … zusammensetzt.

Mit Vertrag vom … Dezember 1997 veräußerte die B – AG das betreffende Baugrundstück an die F – GbR, an der die B – AG zu 95 %, die C – GmbH zu 4 % und D zu 1 % beteiligt waren. § 7 der notariellen Vereinbarung bestimmt, dass K „unmittelbar berechtigt” ist, „vom Käufer die Rückübertragung des Kaufgrundstückes an sich oder den Verkäufer zu verlangen, wenn der Käufer das Kaufgrundstück nicht innerhalb von sieben Jahren und zwei Monaten vom Tage der Beurkundung an gerechnet auf eigene Kosten und Gefahr des Käufers entsprechend der baulichen Ausnutzbarkeit nach dem vorgenannten Bebauungsplanentwurf und unter Berücksichtigung der baulichen Ausnutzbarkeit nach dem vorgenannten Bebauungsplanentwurf und unter Berücksichtigung des geltenden Baurechts gebrauchsfähig bebaut ist”.

In der notariellen Verhandlung vom … August 1998 (UR-NR. …des Notars E) beschlossen die Gesellschafter der F – GbR die Auflösung dieser Gesellschaft unter Übertragung des gesamten Vermögens auf die oben genannten Gründungsgesellschafter der Klägerin sowie G, der in der eben erwähnten notariellen Verhandlung der Klägerin beitrat. Die Beteiligungsverhältnisse an der Klägerin änderten sich insoweit, als der Gesellschafter D nur noch Anteile in Höhe von 0,67 % und G in Höhe von 0,33 % nunmehr hielten. In Ziffer VI der notariellen Urkunde vom … August 1998 verpflichtete sich die Klägerin, in sämtliche in dem Kaufvertrag vom … Dezember 1997 zwischen der B – AG als Veräußerer und der F – GbR als Erwerber gegenüber K übernommenen Verpflichtungen einzutreten. K stimmte am … Oktober 1998 dem Vertrag vom … August 1998 zu.

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