rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer aufgrund der Übernahme eines Vorauszahlungen enthaltenden Treuhandkontos im Rahmen eines Geschäftsanteilserwerbs. Abgrenzung zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen. Beedigung einer Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Übernimmt eine Tochtergesellschaft im Rahmen eines Geschäftsanteilskaufvertrags sämtliche in Zusammenhang mit einem der Hauptauftraggeber der Muttergesellschaft stehenden Tätigkeiten, Verträge und Forderungen und werden die Geschäftsanteile der Tochtergesellschaft anschließend auf eine Beteiligungsgesellschaft übertragen, unterliegen die vom Auftraggeber auf ein Treuhandkonto geleisteten Vorauszahlungen, soweit sie zum Zeitpunkt des Geschäftsanteilskaufs auf dem übernommenen Treuhandkonto noch vorhanden gewesenen sind, als Anzahlungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG der Umsatzsteuer.

2. Die Übernahme der Verträge und Aktivitäten durch die Tochtergesellschaft ist nicht als – der Annahme von umsatzsteuerpflichtigen Vorauszahlungen entgegenstehende – umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG bzw. Art. 19 Abs. 1 Richtlinie 2006/112/EG anzusehen, wenn die Verträge und Aktivitäten bei der übertragenden Muttergesellschaft nicht als selbstständiger Unternehmensteil anzusehen waren und die Tochtergesellschaft nicht über die sachlichen und personellen Mittel zur Fortführung der übernommenen Aktivitäten verfügte.

3. Der Pflicht zur Versteuerung der auf dem übertragenen Treuhandkonto erhaltenen Anzahlung stünde das Bestehen einer umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen der Mutter- und der Tochtergesellschaft nicht entgegen, weil die Organschaft spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsanteilskaufvertrages – dem Zeitpunkt des Wegfalls der wirtschaftlichen Eingliederung – endete und der Übergang des Treuhandkonto erst später – nach Eingang des vollständigen Kaufpreises – erfolgte.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4, § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 8; Richtlinie 2006/112/EG Art. 19

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Zum Gegenstand des Unternehmens der G AG, der heutigen Beigeladenen zu 1, gehörten die Entwicklung, Produktion, Co-Produktion, Verwertung, Vermarktung und der Vertrieb/Lizenzierung von Kino- und Fernsehproduktionen und anderen Medienprojekten jeglicher Art im eigenen und fremdem Namen. Die G AG war Muttergesellschaft mehrerer Tochtergesellschaften, unter anderem der H GmbH. Einer der Hauptauftraggeber der G AG war die Beigeladene zu 2. Im Dezember 2000 schlossen die G AG und die Beigeladene zu 2 eine Ergänzungsvereinbarung zu einem zwischen der Beigeladenen zu 2 und der H GmbH abgeschlossenen Produktionsdienstleistungsvertrag. Nach dieser Ergänzungsvereinbarung war die G AG verpflichtet, so genannte Nebenrechtsprodukte herzustellen. Dafür erhielt sie von der Beigeladenen zu 2 ein Budget in Höhe von 22,33 Millionen DM zuzüglich Umsatzsteuer. Zur Verwahrung des Geldbetrages wurde ein Treuhänder eingesetzt. Die G AG unterwarf die Zahlung der Umsatzsteuer. Die Beigeladene zu 2 machte aus dem Umsatz Vorsteuern geltend.

Im Streitjahr 2002 kam es zwischen der G AG und der Beigeladenen zu 2 zu Streitigkeiten über die Fortsetzung der Zusammenarbeit. Im Geschäftsanteilskaufvertrag vom 16./17.10.2002 (Blatt 21 ff der Gerichtsakte) vereinbarten die Vertragsparteien den Übergang aller im Zusammenhang mit der Beigeladenen zu 2 stehenden Tätigkeiten, Verträge und Forderungen von der G AG auf die H GmbH sowie die Übertragung der Gesellschaftsanteile an der H GmbH und an weiteren Tochtergesellschaften von der G AG auf die I Beteiligungsgesellschaft mbH. Für die Übertragung der Geschäftsanteile an den Gesellschaften wurde ein Kaufpreis in Höhe von 5,8 Millionen EUR vereinbart. Zu den übergehenden Verträgen gehörte auch die zwischen der G AG und der Beigeladenen zu 2 abgeschlossene Ergänzungsvereinbarung. Das aufgrund dieser Ergänzungsvereinbarung eingerichtete Treuhandkonto wies zum Stichtag 16./17.10.2002 abzüglich aufgelaufener Kosten und Zinsen noch einen Saldo in Höhe von 6.749.382,00 EUR auf. Die weiteren übergehenden Verträge und Forderungen waren in der Anlage 6 a des Vertrages im Einzelnen aufgeführt (Blatt 42 ff der Gerichtsakte). Die H GmbH wurde in der Folgezeit zur Klägerin umfirmiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 11.7.2003 erfolgte die Umwandlung der G AG in die Beigeladene zu 1.

Im Jahr 2004 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung betreffend das Streitjahr 2002 durch. Im Prüfungsbericht vom 3.3.2004 (Blatt 62 ff der Gerichtsakte) vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Klägerin den zum Zeitpunkt des Geschäftsanteilskaufs auf dem Treuhandkonto vorhandenen Betrag versteuern müsse. Es habe sich bei dem Betrag um eine Anzahlung gehandelt, die mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entge...

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