Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Kapitaleinkünften beim Eigenbesitzer. Wirtschaftliches Eigentum bei unerlaubten Eigenbesitz. Aufhebung der Eigenheimzulagenfestsetzung wegen Überschreitens des Gesamtbetrags der Einkünfte im Anschluss an nachträgliche Zurechnung von bisher nicht erklärten Kapitaleinkünften

 

Leitsatz (redaktionell)

Dulden die tatsächlich berechtigten Schwestern über einen Zeitraum von mehreren Jahren, dass der nichtberechtigte Bruder über das von den Eltern vorgeblich geschenkte Kapitalvermögen wie ein Eigentümer verfügt (hier: Anlage auf eigenen Konten oder Konten der Eltern mit unbeschränkter Vollmacht, Einbringung des Gesamtvermögens in liechtensteinische Stiftungen, Verteidigung gegen das Herausgabeverlangen der Schwestern im zivilrechtlichen Verfahren mit dem Einwand der Schenkung), ist von einem Eigenbesitz i. S. wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO auszugehen (hier: nach Rückzahlung der Eigenheimzulage und Zurechnung von Kapitaleinkünften Einwand eines Treuhandverhältnisses im steuerlichen Verfahren, welches im Widerspruch zur Schenkungseinrede im zivilrechtlichen Verfahren steht).

 

Normenkette

AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 159; EigZulG §§ 5, 11 Abs. 4; EStG § 20 Abs. 1, § 8 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen IX R 11/10)

BFH (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen IX R 11/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Eltern des Klägers verfügten über ein größtenteils unversteuertes Kapitalvermögen, das auf Konten in der Schweiz angelegt war. Im Juli 1993 übertrugen die Eltern des Klägers die ihnen gemeinsam zustehenden Konten zunächst auf Frau A, geb. …, die Schwester des Klägers. Im Dezember 1993 wurden die Konten infolge familiärer Zwistigkeiten teilweise auf die Mutter des Klägers zurückübertragen, die dem Kläger unbeschränkte Vollmachten einräumte, im Übrigen wurde das Vermögen auf Konten übertragen, die auf den Kläger lauteten. Ausweislich einer notariell beurkundeten Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mutter vom 19.02.2001 geschah dies alles im Wege einer Schenkung. Der Kläger ging davon aus, dass das gesamte elterliche Vermögen endgültig auf ihn habe übergehen sollen. In den von ihm für die Streitjahre eingereichten Einkommensteuererklärungen gab er lediglich geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen an.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 23.5.1996 (Bl. 1 ff. der Eigenheimzulageakte) erwarb der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Eigentumswohnung in dem Anwesen M-Straße zu einem Kaufpreis von 250.000 DM, der zum 30. Juni 1996 fällig wurde. Auf den Antrag des Klägers und seiner Ehefrau hin setzte der Beklagte mit Bescheid vom 23.2.1998 die Eigenheimzulage für die Jahre 1996 bis 2003 auf jährlich 5.500 DM fest.

Nachdem der Vater des Klägers am 3.12.1998 verstorben war, brachte der Kläger im Jahr 1999 das gesamte auf den Schweizer Konten angelegte Vermögen in mehrere liechtensteinische Stiftungen (T-Stiftung, U-Stiftung, V-Stiftung, W-Stiftung sowie X-Stiftung (ein.

In der Folge entstand zwischen dem Kläger und seinen Schwestern, Frau A und Frau B, Streit darüber, ob das schweizerische Vermögen in das Erbe nach dem Vater nach falle oder nicht. Mit gemeinschaftlichem Erbschein vom 12.1.2000 stellte das Amtsgericht O fest, dass der Nachlass nach dem Verstorbenen zur Hälfte der Mutter des Klägers und zu je einem Sechstel dem Kläger und seinen Schwestern zustehe. Nachdem der Kläger sich geweigert hatte, die gegen ihn gerichteten Zahlungsansprüche seiner Schwestern zu befriedigen, erhoben diese vor dem Landgericht N Klage, mit der sie die Offenlegung des Nachlasses durch den Kläger verlangten. In diesem Verfahren verteidigte sich der Kläger mit dem Vorbringen, das Vermögen sei ihm schenkweise übertragen worden.

Bereits am 6.6.2000 hatte das Finanzamt P ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung der Erbschaftssteuer eingeleitet. Nach Auswertung der verfügbaren Kontobelege stellte das Finanzamt P zusammenfassend u.a. fest, dass dem Kläger in den Jahren 1995 und 1996 folgende – nicht erklärten – Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen waren:

1995

550.656 DM

1996

595.135 DM

Eine inhaltliche Stellungnahme gab der Kläger hierzu nicht ab. Auf den Bericht vom 20.3.2002 (Bl. 95 ff. der beigezogenen Gerichtsakte 5 K 3307/05 B) wird verwiesen.

Mit Bescheid vom 24.5.2002 hob der Beklagte die Festsetzung der Eigenheimzulage ab 1996 auf (Bl. 45 der Eigenheimzulagenakte). Zur Begründung führte er aus, dass die Festsetzung aufzuheben gewesen sei, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr der Antragstellung sowie des Vorjahres die maßgebliche Einkunftsgrenze nach § 5 EigenheimzulagengesetzEigZulG – überstiegen habe.

Seinen hiergegen gerichteten Einspruch vom 3.6.2002 begründete der Kläger damit, dass der Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 3...

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