rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein gewerblicher Grundstückshandel bei Bildung selbständiger Wohneinheiten und Verkauf einzelner Wohnungen nach über 30-jähriger Vermietung. erweiterte Gewerbeertragskürzung auch für den auf die vorzeitige Rückzahlung eines Darlehens zurückzuführenden Abzinsungsgewinn

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat eine gewerblich geprägte GmbH & Co.KG ausschließlich ein mit 41 Wohneinheiten bebautes, der Wohnraumbindung unterliegendes Grundstück über 30 Jahre lang vermietet, so ist sie weiter als grundstücksverwaltende Gesellschaft und nicht etwa nach der Drei-Objekt-Grenze als gewerbliche Grundstückshändlerin zu behandeln, wenn sie nunmehr selbstständige Wohnungseinheiten i. S. d. WEG bildet und innerhalb von fünf Jahren 14 Wohnungen veräußert, um Schulden tilgen und die nicht veräußerten 27 Wohnungen sanieren und weiter vermieten zu können; ihr steht daher weiter die erweiterte Gewerbeertragskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für Grundstücksunternehmen zu.

2. Bei der Ermittlung des Kürzungsbetrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist auf den nach Maßgabe des § 7 GewStG ermittelten Gewerbeertrag, nicht aber auf die Höhe der Grundstückserträge oder den aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erwirtschafteten Gewinn abzustellen. Die Kürzung erfasst sämtliche Aktivitäten, die der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes zuzuordnen sind, so z.B. auch Gewinne aus der Veräußerung eines zum Grundbesitz gehörenden Grundstücks oder den bilanziellen Gewinn, der auf den Abzinsungsgewinn infolge der vorzeitigen Rückzahlung einer passivierten Verbindlichkeit entfällt; der außerordentliche Ertrag aus der Ausbuchung der Restverbindlichkeit stellt keinen kürzungsschädlichen Ertrag aus der Nutzung eigenen Kapitalvermögens dar.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; EStG § 20 Abs. 1, § 15 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2, § 21

 

Tenor

Der Gewerbesteuermessbetrag 2008 wird unter Änderung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag vom 15. Februar 2010 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 auf 0,00 EUR festgesetzt.

Der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2008 wird unter Änderung des Bescheids über den vortragsfähigen Gewerbeverlust vom 15. Februar 2010 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 auf 1.010.579,00 EUR festgestellt.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im außergerichtlichen Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist die erweiterte Grundbesitzkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewerbesteuergesetzGewStG –.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG. Komplementärin und Geschäftsführerin ist die Grundstücksgesellschaft B. GmbH; Kommanditisten sind insgesamt 31 Anleger (natürliche Personen) mit unterschiedlich hohen Beteiligungen. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EinkommensteuergesetzEStG –.

Die Klägerin ist seit 1977 Eigentümerin des mit 41 Wohneinheiten bebauten Grundstückes B.-Straße in D.. Diese Wohnungen unterlagen der Wohnraumbindung. Die Errichtung des Gebäudes wurde durch ein Aufwendungsdarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau i. H. v. 7.679.356,00 DM gefördert.

Die Klägerin erhielt bis einschließlich 2007 sog. Aufwendungszuschüsse durch die X.-Bank (X.), die im Kalenderjahr 2006 154.118,94 EUR und im Kalenderjahr 2007 149.519,63 EUR betrugen. Ab dem Kalenderjahr 2008, dem Streitjahr, wurde ein solcher Zuschuss nicht mehr gewährt. Die Jahresüberschüsse der Gesellschaft betrugen im Kalenderjahr 2006 149.764,97 EUR und im Kalenderjahr 2007 155.838,86 EUR und entsprachen damit in etwa der Höhe des jeweiligen X.-Zuschusses.

Die Klägerin hatte zum 31. Dezember 2007 Verbindlichkeiten i. H. v. 4.888.219,31 EUR passiviert, darunter das Darlehen der Y.-Bank (Y.), Rechtsnachfolgerin der X., welches noch mit 3.920.127,70 EUR valutierte.

Der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2007 betrug 1.010.579 EUR.

Am 5. Juni 2008 vereinbarten die Y. und die Klägerin in einem Änderungsvertrag zum Aufwendungsdarlehen eine Rückzahlungsvereinbarung, wonach bezogen auf das Restkapital zum 31. Mai 2008 in Höhe von 3.920.127,70 EUR bis zum 31. Mai 2008 eine erste Rate in Höhe von 1.737.859,51 EUR und am 01. November 2009 eine zweite Rate in Höhe von 17.563,17 EUR an die Y. zu leisten war. Die Summe der beiden Raten entsprach dem von der Y. ermittelten Barwert der Darlehensforderung. Nach Zahlung der Raten buchte die Klägerin die Restverbindlichkeit gegenüber der Y. in Höhe von 2.163.805 EUR ertragswirksam aus.

Nachdem die Klägerin im Jahr 2008 aus der einheitlichen Immobilie selbständige Wohneinheiten im Sinne des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht gebildet hatte, veräußerte sie im Jahr 2008 eine Wohnung. Im Jahresabschluss 2008 gliederte die Klägerin weitere sieben Wohnungen aus dem Anlagevermögen in das Umlaufvermögen um.

In der Gewerbesteuererklärung für 2008 vom 06. Ma...

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