Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung des Steuerabzugs auf ausländische Dividendeneinkünfte. keine unzulässige Rückwirkung der sog. „Deltakorrektur” nach § 43a Abs. 3 S. 7 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die zum Kapitalertragsteuerabzug Anmeldungsverpflichteten sind für jeden Besteuerungsvorgang innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist ohne weiteres zur Korrektur ihrer Steueranmeldungen solange verpflichtet, bis die gem. § 44 Abs. 1 S. 2 EStG geschuldete Steuer in der gesetzlichen Höhe abgeführt worden ist. Die Voraussetzungen einer Änderung nach den §§ 172 AO oder einer sonstigen Änderungsbestimmung müssen hierfür nicht vorliegen.

2. § 43a Abs. 3 S. 7 EStG i. d. F. des JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010 S. 1768) beinhaltet keine unzulässige Rückwirkung, soweit hiernach im Jahr 2012 der Steuerabzug auf im Veranlagungszeitraum 2009 zugeflossene ausländische Dividendeneinkünfte im Wege der sog. Deltakorrektur berichtigt wird.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 3a, § 43a Abs. 3 S. 7, § 44 Abs. 1 Sätze 2-3, 4 Nr. 3a, § 32d Abs. 5; AO § 168

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.06.2022; Aktenzeichen VII R 65/18)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Kapitalertragsteuer in Höhe von 132,09 EUR auf die Einkommensteuer 2012 anzurechnen ist.

Der Kläger erzielte im Jahr 2009 Dividenden aus spanischen und norwegischen Aktien, für die die B. Bank nach Einführung der Abgeltungsteuer in 2009 unter Berücksichtigung angerechneter ausländischer Quellensteuer von insgesamt 132,09 EUR Kapitalertragsteuer in Höhe von 88,10 EUR einbehalten hatte:

Aktien

Dividenden

25% Kapitalertragsteuer

darauf angerechnete ausländische Quellensteuer – begrenzt auf 15% der Einnahmen

einbehaltene Kapitalertragsteuer

Spanien

EUR 563,75

EUR 140,94

EUR 84,56

EUR 56,40

Norwegen

EUR 317,02

EUR 79,26

EUR 47,55

EUR 31,70

Im Streitjahr 2012 belastete die B. Bank den Kläger für die Dividendeneinnahmen von 2009 mit dem Betrag von 132,90 EUR durch Steuernachforderungen vom 31. Oktober 2012 in Höhe von 84,56 EUR und vom 4. Dezember 2012 in Höhe von 47,55 EUR.

Der Kläger wandte sich zunächst an die B. Bank und forderte die Rückgängigmachung der Buchung. Die B. Bank erklärte mit ihrem Schreiben vom 28. Dezember 2012, die durchgeführte Korrektur habe ihre Grundlage in den BMF-Schreiben zur Anrechnung spanischer Quellensteuer vom 8. September 2011 – IV C 1-S 2406/10/10001: 002, FMNR3d7000011 – BStBl I 2011, 854 I 2011, 854 (veröffentlicht am 17. Oktober 2011) und zur Anrechnung norwegischer Quellensteuer vom 15. November 2011 – IV C 1-S 2406/10/ 10001:002, 2011/0883660 – BStBl I 2011, 1113 (veröffentlicht am 7. Dezember 2011). Die Bank habe als auszahlende Stelle nach § 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 4 Nr. 3a Einkommensteuergesetz (EStG) den Kapitalertragsteuerabzug für Rechnung des Gläubigers vorzunehmen und hierbei den Auslegungen der Finanzverwaltung durch die BMF-Schreiben Folge zu leisten. Das Ziel einer Fehlerkorrektur von Transaktionen ohne Verpflichtung zur Stornierung für bereits abgeschlossene Jahre (sog. Deltakorrektur) sei mit dem Jahressteuergesetz 2010 in § 20 Abs.3a EStG i.V.m. § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG durch den Gesetzgeber vorgeschrieben worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Schreibens der B. Bank vom 28.12.2012 wird auf Bl. 19 der Gerichtsakte verwiesen.

Der Kläger hat das Recht auf Erstattung der ihm für 2009 belasteten spanischen bzw. norwegischen Quellensteuer nicht wahrgenommen.

Aufgrund der Nachforderung von insgesamt 132,09 EUR erklärte der Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2012 geminderte Kapitalerträge, um eine Erstattung der nachgeforderten Steuerbeträge zu erreichen. Der Beklagte berücksichtigte im geänderten Einkommensteuerbescheid vom 5. September 2013 diesen Minderungsbetrag nicht. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Das Klageverfahren, das bei dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen 5 K 5382/13 geführt wurde, endete mit einer Hauptsachenerledigung, nachdem die Beteiligten übereinkamen, dass die Anrechnung von Kapitalertragsteuer nicht im Wege der Einkommensteuerfestsetzung, sondern im Erhebungsverfahren im Wege eines Abrechnungsbescheides zu erfolgen habe.

Den daraufhin gestellten Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheides und Anrechnung der Kapitalertragsteuer von 132,09 EUR lehnte der Beklagte mit Abrechnungsbescheid vom 15. Januar 2016 ab. Das hiergegen geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. März 2016 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen folgendes aus:

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer zu. Erst durch die von der B. Bank als auszahlende Stelle insgesamt in 2009 und 2012 für die in 2009 zugeflossenen Dividenden einbehaltene Kapitalertragsteuer (220,19 EUR) zuzüglich des darauf entfallenden Soli...

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