Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf Altersvorsorgezulage während Sonderurlaubs zur Kinderbetreuung. Ausschluss Selbstständiger aus dem Kreis der Zulageberechtigten ist verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Angestellte des öffentlichen Dienstes, die unbezahlten Sonderurlaub gem. § 28 TVöD für die Betreuung von Kindern genommen haben, haben während dieser Zeit keinen Anspruch auf Altersvorsorgezulage.

2. Allein der Gedanke des besonderen grundgesetzlichen Schutzes der Ehe und Familie rechtfertigt keine Gewährung der streitbefangenen Subvention und führt insoweit im Falle ihrer Versagung auch nicht zu einer Diskriminierung.

3. Gegen den Ausschluss Selbstständiger aus dem Kreis der Zulageberechtigten bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor.

 

Normenkette

EStG § 10a Abs. 1, § 90 Abs. 4; TVöD § 28; GG Art. 3, 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.08.2018; Aktenzeichen X R 37/17)

BFH (Urteil vom 08.08.2018; Aktenzeichen X R 37/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin für das Beitragsjahr 2015, in dem sie sich im Sonderurlaub nach § 28 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zwecks Kinderbetreuung befand, Altersvorsorgezulage zu gewähren ist.

Die Klägerin beantragte am 18. Februar 2016 über die Anbieterin ihres Altersvorsorgevertrages, die B… a.G. (im Folgenden: Anbieterin), die Gewährung der Altersvorsorgezulage für das genannte Beitragsjahr. In dem per Datensatz übermittelten Antrag wurde eine unmittelbare Zulageberechtigung aufgrund einer Pflichtversicherung in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung geltend gemacht.

Mit Berechnungsergebnis vom 24. Februar 2016 wurde eine Zulage i.H.v. 639 EUR (Grundzulage und Kinderzulage für die am 6. Juli 2011 und am 19. April 2001 geborenen Kinder) ermittelt und an die Anbieterin ausgezahlt. Im Zuge des nachträglichen Überprüfungsverfahrens wurde die Zulage zurückgefordert, weil eine unmittelbare Zulageberechtigung im Datenabgleich mit dem zuständigen Rentenversicherungsträger nicht bestätigt werden konnte.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2016 beantragte die Klägerin die förmliche Festsetzung der Altersvorsorgezulage nach § 90 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) für das Beitragsjahr 2015. Sie bezog sich hierbei auf ein zuvor geführtes Telefonat und ein Schreiben der Beklagten vom 19. Mai 2015, in dem diese auf eine entsprechende Anfrage des Ehemannes der Klägerin – zugleich ihres Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren –, mitgeteilt hatte, dass die Klägerin, die während ihrer dreijährigen Elternzeit einen Riester-Vertrag abgeschlossen und nunmehr nach Ablauf der Elternzeit für drei Jahre Sonderurlaub nach § 28 TVöD beantragt und bewilligt bekommen hatte, nicht weiter zulageberechtigt sei.

Die Klägerin trug vor, sie halte es für eine nicht gerechtfertigte und grundgesetzwidrige Benachteiligung, dass sie nicht zulageberechtigt sein solle. Aus der fehlenden mittelbaren Zulageberechtigung aufgrund der Selbständigkeit ihres Ehemannes dürften ihr keine Nachteile durch einen ex-nunc-Zulagenwegfall entstehen. Sinn und Zweck der Riester-Rente und ihrer staatlichen Förderung sei es gerade, Rentenlücken zu schließen, die durch die Demographie im Allgemeinen und im Speziellen durch Brüche in der Erwerbsbiografie entstanden seien. Sie und ihre ganze Familie hätten gemeinsam entschieden, dass es zum Wohl der Kinder sei, wenn sie (vorläufig) keine berufliche Tätigkeit ausübe und sich der Erziehung ihrer drei Söhne widme. Eine Versagung der Zulage diskriminiere sie und verstoße sowohl gegen Art. 6 als auch gegen Art. 3 Grundgesetz (GG). Zum einen würden nicht berufstätige Mütter gegenüber berufstätigen Müttern diskriminiert, denn wenn sie, statt die Kinder zu betreuen, arbeiten würde, würde sie die Zulage erhalten. Zum anderen würden Ehefrauen von Selbständigen gegenüber alleinerziehenden Müttern oder Ehefrauen von Zulageberechtigten diskriminiert.

Gerade bei Alleinverdiener-Ehen mit Kindern bedürfe der nicht verdienende Elternteil, der sich der Kindererziehung widme, besonderer Förderung. Bisherige Ausführungen des Bundesfinanzministeriums gingen ihrer Ansicht nach an dieser Problematik vorbei.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Festsetzung der Altersvorsorgezulage für das Beitragsjahr 2015 ab. Sie führte aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Altersvorsorgezulage, da sie für das genannte Beitragsjahr nicht zum begünstigten Personenkreis nach § 10 a EStG gehöre. Nach ihrer Angabe bzw. der Mitteilung des Trägers der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung bestehe für sie im Kalenderjahr 2015 keine Pflichtversicherung in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung. Auch gehöre sie nicht zu dem in § 10 a Abs. 1 EStG genannten mit den Pflichtversicherten in der inländischen gesetzlichen Rentenver...

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