rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anrechnung von Umsatzsteuerzahlungen der Organgesellschaft auf die Steuerschuld des Organträgers bei nachträglich erkannter Organschaft. Rückforderung vom Organträger als Leistungsempfänger

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch nach Aufhebung der gegenüber einer Organgesellschaft ergangenen Umsatzsteuerbescheide hat der Organträger keinen unmittelbaren Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, welche die Organgesellschaft zugunsten ihres eigenen Umsatzsteuerkontos gezahlt hat.

2. Wird die Organschaft erst nachträglich erkannt, so sind nach Aufhebung der betreffenden Steuerfestsetzungen die Steuerzahlungen der Organgesellschaft nicht auf die Steuerschuld des Organträgers anzurechnen.

3. Durch eine dennoch erfolgte Umbuchung und Anrechnung der von der Organgesellschaft geleisteten Umsatzsteuerzahlungen auf seine eigene Umsatzsteuerschuld ist der Organträger als Leistungsempfänger bereichert. Zu Unrecht angerechnete Beträge können nach § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert werden.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 1-2; UStG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Der Beklagte erließ am 28. September 2005 gegen die Klägerin den im vorliegenden Verfahren streitigen Rückforderungsbescheid gemäß § 37 Abs. 2 AbgabenordnungAO –. Der Rückforderungsanspruch beruht nach Auffassung des Beklagten darauf, dass im Rahmen eines in diesem Verfahren unstreitigen Organschaftsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmsatzsteuergesetzUStG – nach Beendigung der Organschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft Umsatzsteuerbeträge auf die Umsatzsteuerschuld der Klägerin als Organträgerin durch „Umbuchung” angerechnet worden sind, die zuvor die Organgesellschaft auf ihre (vermeintliche) Umsatzsteuerschuld entrichtet hatte.

In den Streitjahren 2001 bis 2003 betrieb die Klägerin ein Handelsgewerbe als Einzelunternehmerin mit der Firma „Y, Inhaberin …”. Der Geschäftssitz dieses Einzelunternehmens war in M. Entsprechend wurde vom Finanzamt M die Umsatzsteuerveranlagung für das Einzelunternehmen vorgenommen. Ende des Jahres 2000 gründete die Klägerin als Alleingesellschafterin die X-GmbH, die steuerlich beim Finanzamt N, dem Beklagten, geführt wird. In der Folge gaben sowohl die Klägerin als auch die X-GmbH Umsatzsteuererklärungen sowohl beim Beklagten als auch beim Finanzamt M ab. Im Rahmen der Erklärungen wurden die Klägerin, aber auch die X-GmbH als umsatzsteuerrechtlich selbständige Unternehmer behandelt d. h., die Klägerin erklärte Umsätze aus der Vermietung ihres Anlagevermögens und aus dem Verkauf ihres Warenlagers an die X-GmbH, die X-GmbH erklärte Umsätze aus dem Elektrogroßhandel mit Dritten. Aufgrund der Umsatzsteueranmeldungen für die Jahre 2001 und 2002 sowie für die Voranmeldungszeiträume Januar bis einschließlich Mai 2003 führte die X-GmbH erklärungsgemäß Umsatzsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 271.979,21 EUR an den Beklagten ab.

In der Zeit vom 11. Juni 2003 bis 5. September 2003 wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Betriebsprüfung kam zu dem Schluss, dass zwischen der Klägerin und der X-GmbH seit dem 1. Januar 2001 eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden habe. Entsprechend ordnete sie alle Umsatzsteuerverbindlichkeiten der X-GmbH einerseits wie auch alle Vorsteueransprüche der X-GmbH andererseits für das Jahr 2001 (die Jahre 2002 und 2003 waren nicht mehr Prüfungsgegenstand) nunmehr unmittelbar der Klägerin zu. Gleichzeitig wurden alle von der X-GmbH an den Beklagten geleisteten Umsatzsteuerzahlungen und Umsatzsteuervorauszahlungen der Klägerin zugeordnet. Bezüglich des Verkaufs des Umlaufvermögens und der Vermietung des Anlagevermögens nahm die Betriebsprüfung nicht steuerbare Innenumsätze innerhalb des Organkreises an. Auf den Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts M vom 23. September 2003 (hier insbesondere auf die Anlage 1 wird verwiesen (BI. 37 ff. der Streitakte).

Am 1. Oktober 2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X-GmbH eröffnet, nachdem am 3. Juli 2007 bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt worden war.

Nach Darstellung des Beklagten hob er nach Bekanntwerden der umsatzsteuerlichen Organschaft die Umsatzsteuerfestsetzungen gegenüber der X-GmbH, die aufgrund der Steueranmeldungen gemäß §§ 168, 169 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, auf. Darüber hinaus überwies der Beklagte einen Betrag in Höhe von 271.979,21 EUR – entsprechend den von der X-GmbH erbrachten Steuerzahlungen – zugunsten des Steuerkontos der Klägerin beim Finanzamt M. Hierüber erließ das Finanzamt M am 7. Januar 2004 eine entsprechende Umbuchungsmitteilung, wonach insgesamt 271.979,21 EUR dem Steuerkonto der Klägerin zu Lasten des Steuerkontos der X-GmbH beim Beklagten gutgeschrieben wurden, die zu 89.304,33 EUR auf die Umsatzsteuer für 2001, zu 117.629,19 EUR auf die Umsatzsteuer für 2002 und zu...

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