rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinnahmung einer vorinsolvenzlich begründeten Forderung keine Masseverbindlichkeit. Ausschluss einer sog. Rückberichtigung gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG. keine Uneinbringlichkeit nach § 17 UStG wegen mit der Bestellung eines starken oder endgültigen Insolvenzverwalters eintretenden Wechsels der Verfügungsmacht über eine umsatzsteuerbelastete Entgeltforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein mit dem Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen des Insolvenzschuldners auf den vorläufigen starken bzw. den endgültigen Insolvenzverwalter eintretender Wechsel des Forderungs-Gläubigers kann keine zur Umsatzsteuerberichtigung führende Uneinbringlichkeit einer noch vom Insolvenzschuldner angelegten umsatzsteuerbelasteten Forderung gem. § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG begründen.

2. Damit löst die spätere Vereinahmung der Forderung keine erneute, eine bevorrechtigte Masseverbindlichkeit begründende Umsatzsteuerberechtigung aus. Die Vereinnahmung einer noch vom Insolvenzschuldner begründeten Entgeltforderung bedingt eine allgemeine Insolvenzforderung (entgegen BFH v. 9.12.2010, V R 22/10 und v. 24.11.2011, V R 13/11).

 

Normenkette

UStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 S. 2; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, §§ 38, 21; RL 2006/112/EG Art. 167, 90

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.03.2016; Aktenzeichen XI R 21/14)

 

Tenor

Die Umsatzsteuer 2012 wird abweichend von der Umsatzsteuerfestsetzung 2012 vom 11. März 2013 auf 9.363,99 EUR festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 16 % und dem Beklagten zu 84 % auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2012, weil darin im Wege der sogenannten [sog.] Rückberichtigung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung – UStG 2012 – von ihm für frühere sonstige Leistungen der Insolvenzschuldnerin vereinnahmte Leistungsentgelte der Umsatzsteuer unterworfen werden und so zu Masseverbindlichkeiten führen.

Die Insolvenzschuldnerin ist zu Zwecken des Handels mit Lagertechnik, Fördertechnik und Betriebsmitteln sowie des Innenausbaus (Systemtrennwände) mit Gesellschaftsvertrag vom 1. August 2002 in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH mit Sitz in C. gegründet worden und seither im Handelsregister beim Amtsgericht – AG – C. unter der Handelsregisternummer HRB … eingetragen. Mit Beschluss vom 7. Juni 2012 ordnete das AG C. über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin die vorläufige Insolvenzverwaltung an und bestimmte mit weiterem Beschluss vom 29. Juni 2012 bezogen auf § 21 der Insolvenzordnung – InsO – den Kläger zum sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 19. Juli 2012 (Az.: 36t IN 2553/12) eröffnete das AG C. schließlich endgültig das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Im Zeitraum vom 29. Juni 2012 bis zum 31. Dezember 2012 vereinnahmte der Kläger in Höhe von 26.529,54 EUR (netto) Entgeltzahlungen für sonstige Leistungen, die die Insolvenzschuldnerin noch vor Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens erbracht hatte. Wegen der Beträge im Einzelnen nimmt das Gericht auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 31. März 2014 (Blatt [Bl.] 68 der Gerichtsakte [GA]) Bezug.

Im Rahmen seiner für die Insolvenzschuldnerin am 15. August 2012 eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Zeitraum Juli 2012 berücksichtigte der Kläger diese Leistungsentgelte in Höhe von 13.241,90 EUR (brutto) beziehungsweise [bzw.] die mit ihnen verbundenen Umsatzsteueransprüche in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 9. Dezember 2010 – V R 22/10 – Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 232, 301, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 996, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2011, 720, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 2011, 1998, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2011, 551, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 952) zunächst als Masseverbindlichkeit und bezog sie in Höhe von (13.241,90 EUR: 1,19 =) 11.127,65 EUR (netto) in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze ein. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung stand auf der Grundlage von § 168 Satz 1 der AbgabenordnungAO – einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Ebenfalls ausgehend von der angegebenen BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 9. Dezember 2010 – V R 22/10 – aaO.) reichte der Kläger für die Insolvenzschuldnerin auch Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate September, Oktober und Dezember 2012 ein. Im Einzelnen lagen ihnen hinsichtlich der von ihm für Leistungen der ...

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