Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergünstigung nach § 14a Abs. 4, 5 EStG im Zusammenhang mit der Hoferbfolge oder Hofübernahme. Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Bilanzberichtigung und Bilanzänderung bei der Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vergünstigungen des § 14a Abs. 4, 5 EStG für Veräußerungen und Entnahmen im Zusammenhang mit der Hoferbfolge oder Hofübernahme werden nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung gewährt.

2. Für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums kommt es weder auf den Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages noch auf die Auflassung an. Maßgeblich ist allein, wann der Erwerber nach dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann, d. h. wann Eigenbesitz, Gefahr, Lasten und Nutzen auf den Erwerber übergehen.

3. Für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist unerheblich, ob sich die Vertragsparteien über dessen rechtlichen Folgen im Klaren gewesen sind.

4. Ein Rücktrittsrecht bis zur Klärung baurechtlicher Fragen schließt den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht aus.

5. Eine Bilanzberichtigung kommt nicht in Betracht, wenn der Abzug der Freibeträge nach § 14a Abs. 4, 5 EStG nicht auf der Ebene der Gewinnermittlung, sondern auf der Ebene der Einkunftsermittlung erfolgt und den Bilanzansatz unberührt lässt.

6. Die Rückgängigmachung der Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG ist keine Bilanzänderung gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 14a Abs. 4-5, §§ 10e, 6b, 4 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.03.2011; Aktenzeichen IV B 68/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu ¾ und der Beklagte zu ¼.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500.– Euro, hat der Kostengläubiger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bis zu 1.500.– Euro, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Falle kann der Kostenschuldner der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der verheiratete Kläger (Kl) erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den Gewinn ermittelte er hierbei nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Wirtschaftsjahr ist der Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni.

Mit Übergabevertrag vom 13. April 1994 (Urkundenrolle Nr. … des Notariats X) hatte er das geschlossene Hofgut „… hof' von seinen Eltern gegen Gewährung eines lebtäglichen Wohnrechts an der Wohnung im Erdgeschoss (EG) des Anwesens … straße zu Gunsten der Übergeber und gegen Zahlung von Gleichstellungsgeldern an seine drei Schwestern in Höhe von insgesamt 45.000 DM erworben. Ferner enthielt der Übergabevertrag folgende Bestimmung:

„Falls der Übernehmer den übernommenen landwirtschaftlichen Betrieb oder Teile davon innerhalb von fünfzehn Jahren ab heute an fremde dritte Personen veräußert, ohne einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb dagegen zu erwerben oder ohne den Verkaufserlös wieder in einen landwirtschaftlichen Betrieb zu investieren, hat er den Mehrwert abzüglich Steuern und Abgaben, des Wertes zwischenzeitlich getätigter Investitionen und erbrachter Leistungen aufgrund dieser Urkunde gleichanteilig mit den Schwestern zu teilen. Ausgenommen von dieser Regelung sind Veräußerungen zur besseren landwirtschaftlichen Nutzung oder für öffentliche Zwecke.”

Besitz, Nutzen und Lasten gingen zum 1. Mai 1994 auf den Kl über. Als Teil des geschlossenen Hofguts „… hof” war darin auch das Flurstück Nr. aa, Hof- und Gebäudefläche mit Wohnhaus, Scheuer und Stall, …straße der Gemarkung Y enthalten.

Mit Kaufvertrag vom 19. April 1995 (Urkundenrolle… des Notariats X) veräußerte der Kl an die Bau GmbH (im Folgenden: Bau GmbH), welche von ihrem Geschäftsführer, dem Zeugen M, vertreten wurde, „eine vom dem Grundstück Flst.-Nr. aa der Gemarkung noch wegzumessende Teilfläche in der ungefähren Größe von 770 qm, welche in dem dieser Urkunde angeschlossenen Lageplan rot umrandet ist.”

Der Kaufpreis in Höhe von 710 DM je qm betrug vorläufig 546.700 DM und war innerhalb von vierzehn Tagen nach Eintritt von im Kaufvertrag näher beschriebenen Bedingungen fällig. Unter § 6 enthielt der Kaufvertrag u.a. folgende Regelungen:

„Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr sowie die Steuern und Abgaben gehen auf den Käufer ab heute über. Der Verkäufer hat eine Bauvoranfrage bei der Gemeinde X für das Kaufgrundstück eingereicht für eine Bebauung mit mindestens 600 qm Wohnfläche. Diese Bauvoranfrage ist noch nicht verbeschieden. Falls eine Bebauung in diesem Umfang für das Kaufgrundstück nicht zugelassen werden sollte, hat der Käufer das Recht auf Rücktritt vom Vertrag.”

Mit notariell beurkundetem Vert...

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