rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verrechnung von „Alt”-Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Verlusten aus Wertpapiergeschäften, die der Abgeltungsteuer unterliegen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Gewinn aus Wertpapiergeschäften, der nach der Übergangsregelung des § 52a Abs. 11 S. 4 und 6 EStG noch nach den Regeln der privaten Veräußerungsgeschäfte gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 4 EStG 2008 mit der tariflichen Einkommensteuer zu versteuern ist (da die Wertpapiere vor dem 31.12.2008 angeschafft wurden), kann gem. § 20 Abs. 6 S. 2 EStG 2009 nicht mit dem Verlust aus Wertpapiergeschäften verrechnet werden, die der Abgeltungsteuer unterliegen, sondern ist gesondert festzustellen.

2. Die Beschränkung der Verlustverrechnung in § 20 Abs. 6 S. 2 EStG ist verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

 

Normenkette

EStG 2009 § 23 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2, 4, Abs. 3 Sätze 9-10, § 20 Abs. 2, 6 S. 2, § 43a Abs. 3, § 52a Abs. 11 Sätze 4, 6, 11, § 10d; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Streitjahr 2009 Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vor Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 – UntStRefG – (EStG a.F.) mit Verlusten aus Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 in der Fassung des UntStRefG (EStG) verrechnet werden können.

Der im Jahr 1948 geborene Kläger erzielte im Streitjahr 2009 aus Geschäften mit Wertpapieren einen Gewinn von 61.603 EUR, wobei auf Aktien ein Gewinn von 5.711,65 EUR und auf Optionsscheine ein Gewinn von 55.891,79 EUR entfielen. Die Wertpapiere hatte der Kläger im Jahr 2008 erworben und innerhalb eines Jahres im Streitjahr wieder veräußert.

Außerdem erlitt er bei Geschäften mit Wertpapieren (Optionsscheinen), die er im Streitjahr erworben und wieder veräußert hatte, einen Verlust von 158.234 EUR. Aus anderen Quellen ergaben sich Kapitalerträge von zusammen 8.371 EUR.

Mit seiner Einkommensteuererklärung 2009 vom 15. Dezember 2010 beantragte der Kläger die Verrechnung der Gewinne aus den privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 61.603 EUR mit den Verlusten aus Kapitalvermögen.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte dagegen im Einkommensteuerbescheid 2009 vom 23. Februar 2011 die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit 61.603 EUR und die Kapitalerträge mit 0 EUR an. Dabei verrechnete das FA die Verluste aus Kapitalvermögen in Höhe von 158.234 EUR nur mit den positiven Kapitalerträgen von 8.371 EUR, so dass sich ein nicht ausgleichsfähiger Verlust von 149.863 EUR ergab. Diese verbleibenden negative Einkünfte bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (ohne Veräußerung von Aktien) stellte es mit Verlustfeststellungsbescheid zum 31. Dezember 2009 vom gleichen Tag gesondert fest.

Der Kläger legte am 16. März 2011 Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 ein. Er trug vor, dass er auch nach dem Systemwechsel bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften im Jahr 2009 weiterhin mit Wertpapieren derselben Gattung gehandelt habe. Es fehle eine Übergangsvorschrift, nach der „Altgewinne” aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Verlusten aus Kapitalvermögen verrechnet werden könnten. Er dürfe aus Vertrauensschutzgründen nicht schlechter als vor der Gesetzesänderung gestellt werden.

Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 2012 als unbegründet zurück. Nach § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG sei eine Verrechnung der Verluste aus Kapitalvermögen mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht zulässig. Die Übergangsvorschrift des § 23 Abs. 3 Sätze 9 und 10 EStG gelte nur für „Altverluste” aus privaten Veräußerungsgeschäften, aber nicht für „Altgewinne”.

Mit der dagegen am 24. Februar 2012 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, seine Einkommensteuerveranlagung verstoße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Die Übergangsregelung des § 23 Abs. 3 Sätze 9 und 10 EStG müsse analog auf seinen Fall angewendet werden. Er sei – auch aufgrund seines Alters – nicht in der Lage, die Verlustvorträge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen auszunutzen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 23. Februar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Januar 2012 dahingehend abzuändern, dass die Gewinne aus den privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 61.603 EUR mit den Verlusten aus Kapitalvermögen verrechnet werden, hilfsweise, die Revision zulassen.

Das FA bleibt bei seiner Rechtsauffassung und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Während des Klageverfahrens lehnte das FA eine abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2009 aus Billigkeitsgründen mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 28. Februar 2012 ab.

Außerdem ergingen für die Folgejahre weitere Verlustfeststellungsbescheide, in denen der verbleibende Verlustvortrag für die Einkünfte aus Kapitalvermögen (ohne Veräußerung von Aktien) zum 31. Dezember 2010 auf 281.772 ...

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