Entscheidungsstichwort (Thema)

Ärztliche Schweigepflicht steht einem Herausgabeverlangen der Betriebsprüfung von Daten des Steuerpflichtigen nicht entgegen. Prüfer kann Datenträger in die Diensträume mitnehmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Räumt die Betriebsprüfung dem Steuerpflichtigen keine Wahlfreiheit bezüglich der Art des Datenzugriffs ein, sondern wird der Datenzugriff auf einen sog. Z3-Zugriff konkretisiert, ist das Herausgabeverlangen inhaltlich hinreichend bestimmt und nicht nichtig.

2. Nimmt ein zur Verschwiegenheit gegenüber Patienten verpflichteter Steuerpflichtiger in seiner Datenverarbeitung die für die Erfüllung der Verpflichtung der ärztlichen Schweigepflicht erforderliche Trennung seiner Daten nicht vor, hindert dies die Finanzbehörde nicht, den Zugriff auf die Daten zur Überprüfung der Steuern zu verlangen.

3. Die gesetzliche Bestimmung des § 147 Abs. 6 AO normiert ein umfassendes Bestimmungsrecht und damit auch das Recht der Finanzbehörde, die auf Datenträger erhaltenen Daten aus der betrieblichen Sphäre des Steuerpflichtigen zu entfernen und in die Diensträume der Finanzbehörde mitzunehmen.

 

Normenkette

AO § 147 Abs. 6, § 125 Abs. 1, 2 Nr. 3, § 119 Abs. 1, § 147 Abs. 1, §§ 5, 30; StGB § 203 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Sätze 1, 1. Alt. 1, § 355

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts des Beklagten (Bekl) vom 17. Juli 2008, mit dem im Rahmen einer Außenprüfung (AP) die Herausgabe von Daten auf Datenträger angeordnet wurde.

Die Klin, die XY-GmbH, betreibt eine Klinik.

Mit Prüfungsanordnung (PA) vom 6. Dezember 2007 ordnete der Bekl die Durchführung einer AP bei der Klin an. Die AP soll hiernach die Prüfung von

  • Körperschaftsteuer einschließlich gesonderter Feststellungen 2003 – 2006
  • Gewerbesteuer 2003 – 2006 und
  • Umsatzsteuer 2003 – 2006

zum Gegenstand haben.

Zugleich teilte der Bekl der Klin mit, er mache von der Möglichkeit des digitalen Zugriffs gemäß § 147 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) Gebrauch. Der Bekl bat deshalb darum, alle steuerlich relevanten Daten bei Prüfungsbeginn auf einem Datenträger bereitzuhalten oder den direkten Zugriff im Buchhaltungssystem zu ermöglichen.

Mit Telefax vom 7. März 2008 übersandte der Bekl der Klin die sog. „Export-Anleitung” für die von ihm gewünschten Daten, woraufhin die Klin mit Telefax gleichen Datums ein Inhaltsverzeichnis der auf die dem Bekl ausgehändigten CD`s kopierten Datenbestände übermittelte. Mit Telefax vom 17. März 2008 teilte die Betriebsprüferin der Klin daraufhin mit, das Fax der Klin bezüglich der Inhalte ihrer Daten-CD habe sie an den EDV-Fachprüfer weitergeleitet. Aus dem von der Klin vorgelegten Inhaltsverzeichnis seien aber leider die Datenfelder der jeweiligen Dateien nicht ersichtlich, so dass er nicht überprüfen könne, ob der Export ausreichend sei. Der EDV-Fachprüfer bitte um einen Export entsprechend der mit Fax vom 7. März 2008 übersandten Anleitung.

Nachdem sich die Klin unter Hinweis auf die ärztliche Schweigepflicht geweigert hatte, die „Positionstexte” mitzuteilen, die im Buchführungssystem SAP/3 den Erläuterungstext pro Buchungsvorgang („Buchungstext”) darstellten und jeweils Patientennamen enthielten, ordnete der Bekl ihr gegenüber mit Bescheid vom 17. Juli 2008 die Vorlage von Dateien an, die die zu den einzelnen Buchungsvorgängen gehörenden Erläuterungstexte enthalten. Im Einzelnen führte er wörtlich das Folgende aus:

„Sehr geehrte Frau H.,

zu Ihrem Schreiben vom 09.07. darf ich wie folgt Stellung nehmen:

Wie Sie selbst ausführen, wurde die in der Prüfungsanordnung vom 06.12.2007 dargelegte Bitte, alle steuerlich relevanten Daten bei Prüfungsbeginn auf einem Datenträger bereitzuhalten bzw. den direkten Zugriff im System zu ermöglichen, bereits vor Beginn der Betriebsprüfung dahingehend konkretisiert, dass die Bereitstellung der Daten auf einem Datenträger gewünscht wird. Diese Variante des Datenzugriffs belastet nach Auffassung der Betriebsprüfung Ihre Belange deshalb am geringsten, weil dadurch Ihr Personal nicht durch Unterstützung der Prüfer gebunden wird. Darüber hinaus stellt diese Variante die einzige Möglichkeit der maschinellen Auswertung der Daten dar. Selbstverständlich ist Ihnen darin zuzustimmen, dass es der Steuerpflichtige zunächst eigenverantwortlich in der Hand hat, die angeforderten Datensätze zusammenzustellen und dabei nicht steuerrelevante Teile auszuscheiden. Diese Auswahlentscheidung ist aber bei der AP durch die Finanzbehörden überprüfbar, weil datenschutzrechtliche oder berufsspezifische Gesichtspunkte grundsätzlich keinen Einfluss darauf haben, bestimmten Daten eine steuerrelevante oder steuerirrelevante Eigenschaft zuzuweisen. Es ist Ihre Aufgabe, die Datenbestände so zu organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestände keine geschützten Bereiche tangiert werden können. Dies sieht Abschnitt l. Nr.2 a der Grundsätze zum Datenzugriff und zu...

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