Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung der Zahlungsverjährung durch Bekanntgabe einer Zweitschrift der AdV-Verfügung. Haftungsbescheids vom 18. April 1989 (Umsatzsteuer 1983 und 1984)

 

Leitsatz (amtlich)

Für eine Verjährungsunterbrechung nach § 231 AO mittels Bekanntgabe einer Zweitausfertigung einer AdV-Verfügung besteht keine Frist, innerhalb der die Zweitausfertigung bekannt zu geben ist.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 228, 231, 361

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.11.2003; Aktenzeichen VII R 5/02)

BFH (Urteil vom 18.11.2003; Aktenzeichen VII R 5/02)

 

Tenor

1. Das Verfahren wegen Haftung für Umsatzsteuer 1983 wird eingestellt.

2. Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens, einschließlich des Revisionsverfahrens, tragen die Kläger.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

1. Die Kläger sind Kinder und Erben des während des ersten Rechtsgangs verstorbenen ursprünglichen Klägers … (im folgenden: Vater). Dieser war mit 50 v.H. der Anteile am Gesellschaftskapital Komplementär der Fa. … (im folgenden: KG). Kommanditist mit weiteren 50 v.H. Anteilen war der Kläger zu 2.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte (Finanzamt – FA) wegen von der inzwischen vermögenslosen und in Liquidation befindlichen KG geschuldeter Umsatzsteuer (USt) in Höhe von DM 599,40 für 1983 sowie DM 58.341,40 für 1984, insgesamt also DM 58.940,80, einen Haftungsbescheid vom 18. April 1989 an den Vater der Kläger.

Gestützt wurde die Haftungsinanspruchnahme auf § 191 Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 161, 128 Handelsgesetzbuch (HGB). Ferner wurde in dem Haftungsbescheid ausgeführt, dass die Steuerschuldnerin „nicht mehr existent” sei, weshalb Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der Gesellschafter nur nach Erlass eines Haftungsbescheids erfolgen könnten. Bei dieser Sachlage liege es im pflichtgemäßen Ermessen, den Vater als Komplementär der Steuerschuldnerin als Haftenden in Anspruch zu nehmen.

Gleichzeitig wurde der Vater der Kläger aufgefordert, die Haftungsschuld bis 22. Mai 1989 zu begleichen.

Gegen den Haftungsbescheid wegen USt 1984 in Höhe von DM 58.341,40 legte der Jetzige Prozessbevollmächtigte der Kläger für deren Vater am 26. April 1989 Einspruch ein.

Ferner beantragte er am 25. August 1989 die Vollziehung des Haftungsbescheids wegen USt 1984 auszusetzen. Das FA glaubte diesem Antrag entsprochen zu haben, wohingegen der Prozessbevollmächtigte einen diesbezüglichen Verwaltungsakt, dessen bei den FA-Akten verbliebene Durchschrift vorliegt, nicht erhalten haben will.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1995, die mit einfacher Post bekannt gegeben wurde, wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei ging es davon aus, dass der Haftungsbescheid insgesamt, d. h. auch bezüglich USt 1983, angefochten worden sei. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Haftungsinanspruchnahme des damaligen Kommanditisten und jetzigen Klägers zu 2 nicht in Betracht gekommen sei, da dieser seine Kommanditeinlage voll erbracht gehabt habe.

2. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte für den Vater am 19. Juni 1995 Klage erhoben.

Diese wurde zuletzt damit begründet, dass die streitbefangenen USt-Schulden gemäß §§ 169, 170 AO und §§ 228 ff AO verjährt seien.

Soweit sich das FA auf eine Unterbrechung der Verjährung gemäß § 231 AO aufgrund Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Haftungsbescheids berufe, sei zu sagen, dass eine Aussetzungsverfügung vor Ablauf der Zahlungsverjährung weder dem Vater der jetzigen Kläger noch ihm, dem Prozessbevollmächtigten, bekannt gegeben worden sei. Er habe zu jenem Zeitpunkt auch gar keine Empfangsvollmacht hierfür besessen. Er, der Prozessbevollmächtigte, bezweifle auch grundsätzlich, ob eine an ihn adressierte Aussetzungsverfügung überhaupt den Bereich des FA verlassen habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, bestehe die Möglichkeit, dass der diesbezügliche Brief in ein falsches Postfach eingelegt worden sei. Es komme immer wieder vor, dass in dem eigenen Postfach fremde Briefe liegen würden. Es habe für ihn auch keinerlei Anlass bestanden, beim FA nachzufragen, ob und wie der Antrag vom 25. August 1989 auf AdV des Haftungsbescheids bearbeitet worden sei.

Der erkennende Senat hat die Klage mit Urteil vom 16. März 1998 12 K 213/95 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG 1998, 1174) als unbegründet abgewiesen. Soweit es die Haftung wegen USt 1983 anbelangt, begründete er dies damit, dass der Haftungsbescheid insoweit mangels Einspruchseinlegung bestandskräftig geworden sei. Allerdings sei deswegen die ohne Anlass ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben, soweit sie dieses Jahr zum Gegenstand hat.

Bezüglich des Streitjahres 1984 vertrat der Senat die Auffassung, dass – außer den anderen im ersten Rechtsgang vorgebrachten klägerischen Einwendungen – auch der Einwand, es sei Zahlungsverjährung eingetreten, nicht greife. Das FA habe mit der Absendung der Aussetzungsverfügung die Vollziehung des Haftungsbescheids zu einem Zeitp...

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