Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Beurteilung der Abbruchkosten und des Restwerts bei Abriss eines selbst genutzten Wohnhauses und Errichtung eines neuen, teils selbst genutzten, teils vermieteten und teils unentgeltlich überlassenen Gebäudes

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein nicht in Abbruchabsicht erworbenes, selbst genutztes Wohnhaus wegen eines Schadenseintritts abgerissen und ein neues Gebäude, bestehend aus zwei Doppelhaushälften errichtet, wovon eine Doppelhaushälfte veräußert und die zweite Doppelhaushälfte teils selbst genutzt, teils vermietet und teils unentgeltlich überlassen wird, sind die Abbruchkosten und der Restwert des Gebäudes, soweit sie auf die selbst genutzte Wohnung entfallen, als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar. Soweit die Abbruchkosten und die Restwert-AfA auf den vermieteten Teil der Doppelhaushälfte entfallen, sind sie als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig. Soweit die Abbruchkosten und der Restwert auf die unentgeltlich überlassene Wohnung und die veräußerte Doppelhaushälfte entfallen, sind sie steuerlich nicht, auch nicht als außergewöhnliche Belastung, zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 6, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 7 Abs. 4, 1, § 33 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.04.2002; Aktenzeichen IX R 50/00)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die durch den Abriß eines Wohngebäudes verursachten Kosten und Vermögensverluste als außergewöhnliche Belastung steuermindernd anerkannt werden können.

Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 1984 erwarben sie von der Mutter des Klägers das Grundstück A …, FlstNr. 4901 zum Preis von 350.000 DM. Auf diesem Gelände befand sich ein im Jahr 1960 errichtetes Gebäude. Die Kläger nutzten das erworbene Anwesen zu eigenen Wohnzwecken. Das Grundstück der Kläger hat einen dreieckigen Zuschnitt. Zwei von drei Seiten des Grundstückes werden durch Wasserläufe begrenzt. An der Vorderseite des Grundstücks verläuft der K … bach, an der Rückseite des Grundstücks verläuft ein Mühlgraben. In den 70er Jahren wurde der K…. bach von der Gemeinde S…. saniert; dabei wurde unter anderem das Flussbett betoniert.

An dem Wohnhaus der Kläger traten etwa im Jahr 1990 Senkungsschäden auf, die sich schnell vergrößerten. Zur Ermittlung, durch welche Maßnahmen das Gebäude wieder gefestigt werden könnte, nahmen die Kläger Kontakt mit dem Architekten L. G. auf. Dieser beauftragte einen Sachverständigen mit einem Baugrund- und Gründungsgutachten. Der Sachverständige hielt in seinem Gutachten vom 29. September 1990, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, als Ergebnis fest, daß die Sanierung des bestehenden Gebäudes nur durch eine Lastumlagerung auf Pfähle denkbar wäre. Daneben bestünde noch die Möglichkeit eines Neubaus.

Die Kläger entschlossen sich Ende 1990/Anfang 1991, ihr bestehendes Gebäude aufgrund der nicht mehr gewährleisteten Standfestigkeit abzureissen und ein neues Gebäude auf dem Anwesen zu errichten. Zu diesem Zweck reichten sie eine Bauvoranfrage bei der Gemeinde S., ein. Nach Änderungen der beabsichtigten Neubebauung wurde das Bauvorhaben, bestehend aus 2. Doppelhaushälften, am 31. Juli 1992 genehmigt. Das bis dahin bestehende Gebäude, aus dem die Kläger im März 1993 ausgezogen waren, wurde abgerissen. Die Kläger veräußerten eine Doppelhaushälfte. Die Wohnfläche der zurückbehaltenen Doppelhaushälfte beträgt 227 qm; davon vermieten die Kläger eine Wohnung mit 44 qm, eine Wohnung mit 100 qm nutzen sie selbst; die dritte Wohnung wird unentgeltlich an die Mutter des Klägers überlassen.

In ihrer Steuererklärung beantragten die Kläger die Kosten des Abrisses des Gebäudes sowie den Gebäudewert vor dem Schadenseintritt mit insgesamt 230.535,20 DM als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Diese Kosten verteilen sich auf folgende Einzelpositionen:

F … für Container

8.182,55 DM

B…. für Entfernung Hausanschluß

196,65 DM

E.. GmbH für Gebäudeabriß

27.076,00 DM

dto. für Abbruch Grenzmauer

1.380,00 DM

Grundstücks- und Gebäudewert

vor dem Schaden geschätzt

600.000,00 DM

davon Grund und Boden

geschätzt

400.000,00 DM

verbleibt für das Gebäude

200.000,00 DM

Im Einkommensteuerbescheid vom 13. November 1996 erkannte der Beklagte außergewöhnliche Belastungen für den Abriß des Gebäudes und den Vermögensverlust nicht an.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die vorliegende Klage. Die Kläger tragen vor, dass sie sich aufgrund der Senkungsschäden an ihrem Gebäude über den Architekten informiert hätten, welche Möglichkeiten zur Sanierung bestünden. Ausgehend von dem Gutachten des Sachverständigen M …. hätten sie für die vorgeschlagene Sanierung mit Kosten in einer Größenordnung von mindestens ½ Million rechnen müssen. Auch nach einer entsprechenden Sanierung hätte es sich letztlich immer noch um ein nur bedingt taugliches Gebäude gehandelt. Sie hätten sich daher zum Abriss ihres Gebäudes entschlossen. Ursprünglich hätten sie vorgehabt, auf ihrem Anwesen zwei Dopp...

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