Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger (Kl) sind Eheleute. Die Klägerin (Klin) betreibt eine Schnellgaststätte in … und einen Imbißtand gegenüber dem Bahnhof von …

Bei einer Außenprüfung der Jahre 1988 bis 1990 wurde festgestellt, daß bei der Schnellgaststätte der für die Gewinnermittlung aus der Buchführung ermittelte Rohgewinnaufschlag in Höhe von 106% zu niedrig sei. Der Prüfer bemerkte im Außenprüfungsbericht, daß die für die Nachkalkulation benötigten Getränkelisten, aus denen die Verkaufspreise im Prüfungszeitraum ersichtlich gewesen wären, nicht vorgelegt worden seien, obwohl gemäß § 147 AO eine Aufbewahrungspflicht bestehe. Stattdessen sei eine ab dem 1.4.1993 gültige Getränkeliste zur Verfügung gestellt worden. Mittels dieser Liste sei eine für das zweite Quartal 1993 zum Zwecke der Feststellung des Rohgewinnaufschlags erforderliche Nachkalkulation durchgeführt worden, welche einen Rohgewinnaufschlagsatz von 209% ergeben habe.

Am 5.1.1995 ergingen geänderte ESt-Bescheide für 1988 bis 1990. In diesen wurden die Gewinne aus dem Betrieb mit den vom Außenprüfer ermittelten Beträgen berücksichtigt.

Dagegen erhoben die Kl am 13.1.1995 Einspruch. Da die Klin das Bier im Prüfungszeitraum für 2 DM pro Halbliter verkauft habe, entbehrten die auf der Nachkalkulation des Prüfers beruhenden Zuschätzungen jeglicher rechtlichen Grundlage. Im April 1996 legte … der ehemalige Bezirksvertreter der Brauerei …, die die Gaststätte belieferte, durch eine eidesstattliche Versicherung dar, daß der Bierpreis im fraglichen Zeitraum „DM 2.00 oder DM 2.20 pro Halbliter oder 0,4 l” betragen habe. Weiterhin führt er aus, daß der Bierpreis von der Brauerei und ihm als zu niedrig beanstandet und durch die Inhaberin in der Folgezeit nach oben korrigiert worden sei. Zu den Getränkepreisen für die übrigen verkauften Getränke (Tafelwasser, Säfte, Cola, Sinalco, Wein, Schnäpse und Weinbrände; siehe Außenprüfungsbericht vom 13.10.1994, Tz. 1.02) existiert keine Versicherung.

Ausweislich eines Schreibens der Brauerei vom 19.5.1994 ist dieser von Unstimmigkeiten zwischen der Klin und dem zuständigen Bezirksvertreter bezüglich der Verkaufspreise von Bier nichts bekannt gewesen.

Der mehrfachen Aufforderung des FA, die Verkaufspreise 1988 bis 1990 durch Vorlage der in diesem Zeitraum geltenden Speise- und Getränkekarten der Gaststätte nachzuweisen, kamen die Kl weder bei der Außenprüfung noch in dem sich anschließenden Einspruchsverfahren nach.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. August 1996 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung teilte das FA mit, daß die Zuschätzung gemäß § 162 AO rechtmäßig erfolgt sei, da die Klin gemäß §§ 145, 147 AO verpflichtet gewesen sei, die Getränkelisten aufzubewahren. Ein Rohgewinnaufschlag von 106% entspreche nicht den Erkenntnissen der Richtsatzsammlung Gruppe Süd für 1988 bis 1990 unter Nr. 22 A (Gast- und Speisewirtschaften), die einen Rohgewinnaufschlag von 127% bis 257% (Mittelsatz 170%) ausweise. Der Rohgewinnaufschlag des Betriebs habe im Jahre 1993 im mittleren bis oberen Bereich der amtlich festgestellten Richtsätze gelegen. Bei den Zuschätzungen in den Streitjahren sei daher davon ausgegangen worden, daß der Rohgewinnaufschlagsatz im mittleren Bereich der amtlich festgestellten Rohgewinnaufschlagsätze gelegen habe. Es sei daher unwahrscheinlich, daß die Buchführungsergebnisse mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmten. Die darin liegende Unsicherheit habe die Klin selber zu tragen, da sie ihrer Aufbewahrungspflicht nicht nachgekommen sei. Auch die eidesstattliche Versicherung des Brauereimitarbeiters könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Dieser habe sich weder auf einen bestimmten Verkaufspreis (2 DM oder 2,20 DM) noch auf eine bestimmte Ausschankgröße (0,4 l oder 0,5 l) festlegen können, außerdem widerspreche es der Lebenserfahrung, daß man sich an derartige Dinge nach mehreren Jahren noch erinnere.

In ihrer Klage wegen ESt 1988 bis 1990 führen die Kl aus, das FA sei nicht befugt gewesen, die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO zu schätzen.

Die Klin habe ihre Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AO nicht verletzt. Sie sei zwar gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO zur Aufbewahrung der Getränkelisten verpflichtet gewesen. Ein Verstoß gegen den § 147 AO berechtige allerdings nicht zu einer auf § 162 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative AO gestützten Schätzung. Denn diese Bestimmung knüpfe allein daran an, daß der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen nicht vorlegen könne.

Es bestehe kein Anlaß, die sachliche Unrichtigkeit der Buchführung zu beanstanden, vgl. §§ 158 AO i.V.m. 162 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative AO.

Formelle Mängel führten zur Verwerfung der Buchführung, wenn sie das Vertrauen auf Vollständigkeit. Wahrheit und Zuverlässigkeit der Buchführung erschütterten. Über einzelne Mängel könne hinweggesehen werden, wenn sie das Gesamtbild nic...

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