Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Veräußerung eines unvermieteten Grundstücks. Vorsteuerberichtigung bei Änderung der Verhältnisse

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Übertragung eines unvermieteten Grundstücks stellt auch dann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, wenn das übertragene Grundstück die Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglicht, d. h. wenn die in Form der Vermietung erfolgte Nutzung vor der Veräußerung und die danach erfolgende Nutzung als Vermietungsunternehmen übereinstimmen.

2. Gemäß § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG tritt der Erwerber in Bezug auf die sich aus § 15a UStG ergebenden Verpflichtungen an die Stelle des Veräußerers. Mit dem Widerruf der Option für die Steuerpflicht der Mietumsätze haben sich die Verhältnisse geändert, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Die Mietumsätze sind damit gem. § 4 Nr. 12 a) UStG steuerfrei und berechtigen wegen § 15 Abs. 2 Nr.1 UStG nicht mehr zum Vorsteuerabzug. Nach § 15a Abs. 1 UStG ist deshalb eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen.

 

Normenkette

UStG § 15a Abs. 6a, 1-2, § 1 Abs. 1a Sätze 2-3, § 4 Nr. 12a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.05.2010; Aktenzeichen V R 25/09)

BFH (Urteil vom 06.05.2010; Aktenzeichen V R 25/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Verkauf eines Gewerbegrundstücks eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 15a Abs.6a UStG darstellt.

I. Der bis 16. Februar 2006 mit der Klägerin (Kl) verheiratete A.B. errichtete 1994 das Lager-/Logistik- und Bürogebäude …str. in X (neue Bundesländer). Bei der Herstellung des Gebäudes nahm er einen Vorsteuerabzug in Höhe von 148.402 DM in Anspruch. Ab 1. Januar 1995 vermietete er das Grundstück umsatzsteuerpflichtig an die Y-GmbH, die es für ihren Betrieb als Messeveranstalter und Vermieter von Marktbuden als Lager und Büro nutzte. Alleingesellschafterin und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der Y-GmbH war zuletzt die Kl.

Die Ehe der Kl mit Herrn A.B. befand sich im Jahr 1997 bereits in der Krise. Die Kl hatte für seine Verbindlichkeiten eine Bürgschaft übernommen und sich von ihm zunächst als Mitgesellschafterin in die Y-GmbH drängen lassen. Nachdem die Zusammenarbeit mit dem Mitgesellschafter gescheitert war und die Kl wenig Interesse an der Geschäftsführung der GmbH hatte, entschlossen sich die Eheleute, auch auf Drängen der Bank, zum Abschluss folgender Verträge:

Mit Kaufvertrag vom 13. November 1997 kaufte die Kl ihrem Ehemann das Grundstück …str. in X ab. Als Gegenleistung übernahm sie sämtliche im Grundbuch eingetragenen Belastungen, die damals mit ca. 950.000 DM valutierten. Umsatzsteuer wurde für den Verkauf nicht in Rechnung gestellt. Die Besitzübergabe erfolgte zum 30. Dezember 1997. In § 6 des Kaufvertrages vereinbarten die Parteien, dass das Grundstück frei von Miet- und Pachtverhältnissen zu übergeben sei. In § 5 vermerkten sie, dass das Grundstück „derzeit” zwar noch vermietet sei. Der bestehende Mietvertrag sei jedoch zum 31. Dezember 1997 wirksam gekündigt. – Vereinbarungsgemäß hatten die Mietvertragsparteien auf die Einhaltung der nach dem Mietvertrag vom 31. Dezember 1994 bestehenden 12-monatigen Kündigungsfrist verzichtet. Sie waren sich darüber einig, dass der Geschäftsbetrieb der Y-GmbH weiterhin auf dem Grundstück …str. verbleiben sollte. Dementsprechend fanden auch keine Bemühungen um andere Mieter statt.

Ebenfalls zum 31.Dezember 1997 verkaufte die durch die Kl vertretene Y-GmbH ihren Geschäftsbetrieb mit allen Aktiva und Passiva an den Ehemann der Kl. Der Kaufpreis betrug 1 DM. In der Vorbemerkung des Unternehmenskaufvertrages war ausgeführt, dass Herr A.B. das Unternehmen der Verkäuferin fortführen solle; gemäß § 3 Abs. 3 des Vertrages sollte die Y-GmbH nach erfolgter Abwicklung des Unternehmenskaufvertrages liquidiert werden. In § 1 Abs.4 des Unternehmenskaufvertrages erklärten die Parteien, dass der Ehemann der Kl in den zwischen ihm (als seitherigen Vermieter) und der Y-GmbH (als seitherige Mieterin) bestehenden Mietvertrag nicht eintrete. Es sei jedoch beabsichtigt, nach Übertragung des Eigentums am Grundstück zwischen dem Käufer (des Unternehmenskaufvertrages) und dem neuen Vermieter (dem neuen Eigentümer des Grundstücks) einen neuen Mietvertrag abzuschließen.

So geschah es. „Im Januar 1998” schlossen die Kl als neue Eigentümerin des Grundstücks …str. in X und Herr A.B. einen zum 1. Januar 1998 beginnenden Mietvertrag. Nach § 1 Abs. 2 des Mietvertrages sollte der Mieter in den angemieteten Flächen seinen Gewerbebetrieb fortführen. Gemäß § 3 des Mietvertrages betrug der Mietzins „DM 7.350 incl. der geltenden Mehrwertsteuer, zur Zeit 15 % netto = DM 6.391,30, Mwst. z. Zt. 15 % = DM 958,70”).

Zum 1. Januar 1998 wurde die Y-GmbH liquidiert.

In ihren Umsatzsteuererklärungen für 1998 und 1999 erklärte die Kl die entsprechenden Mieteinnahmen, fü...

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