rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensfehlerhafte Haftungsinanspruchnahme eines Betriebsübernehmers wegen fehlendem Hinweis auf die gegenständliche Haftungsbeschränkung. Haftung für Steuerrückstände (Lohnsteuer 1996 und 1997 und Umsatzsteuervorauszahlungen 1997, 1998 der …)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Haben frühere Beitreibungsmaßnahmen beim Übergeber eines Betriebes wegen bestehender Pfändungsvorschriften nicht zum Erfolg geführt und bestehen beim Erlass eines Haftungsbescheides gegenüber dem Betriebsübernehmer nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 keine Anhaltspunkte dafür, dass zusätzlich erworbenes pfändbares Betriebsvermögen auf den Erwerber des Betriebs übergegangen ist, muss der Gegenstand eines späteren Vollstreckungszugriffs bereits im Haftungsbescheid näher konkretisiert werden.

2. Fehlen in einem Bescheid über die Haftungsinanspruchnahme eines Betriebsübernehmers nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ausreichende Hinweise zur gegenständlichen Beschränkung der Haftung, ist der Bescheid rechtswidrig. Offen blieb, ob der bloße Hinweis auf die Haftungsbeschränkung ausreicht.

 

Normenkette

AO 1977 § 75 Abs. 1, § 191 Abs. 1 S. 1, § 295; ZPO § 811; AO 1977 § 5; FGO § 102

 

Tenor

1. Die Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2000 und der Haftungsbescheid vom 25. Januar 2001 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin wegen der Übernahme des Betriebes ihrer Mutter für Steuerschulden haftet.

Die Mutter der Klägerin, die in K. einen Friseurbetrieb führte, kam über viele Jahre hinweg ihren steuerlichen Verpflichtungen gegenüber dem Beklagten nicht nach. Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts zur Beitreibung ihrer Steuerschulden blieben erfolglos. Bereits am 23. Oktober 1995 forderte daher der Beklagte das Landratsamt … dazu auf, der Mutter der Klägerin wegen Unzuverlässigkeit die Ausübung des Gewerbes zu untersagen. Das Landratsamt … leitete daraufhin ein Gewerbeuntersagungsverfahren ein. Vor Abschluss dieses Verfahrens erfuhr das Landratsamt von der Mutter der Klägerin, dass diese den Gewerbebetrieb aufgegeben hatte. Daraufhin wurde das Untersagungsverfahren eingestellt. Auf Anfrage vom 27. Mai 1998 hin teilte die Mutter der Klägerin dem Beklagten mit, dass sie am 15. Mai 1998 den von ihr geführten Betrieb für einen Betrag in Höhe von 50.000,– DM (einschließlich Umsatzsteuer) an ihre Tochter veräußert habe. Am 30. November 1998 gab sie dem Beklagten gegenüber ergänzend an, dass alle Gegenstände ihres Friseurbetriebs übertragen worden seien und dass nunmehr auch ihre Tochter in den von ihr abgeschlossenen Pachtvertrag als Pächterin eingetreten sei.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1998 nahm der Beklagte die Klägerin wegen rückständiger Steuern der Übergeberin in Höhe eines Betrages von 14.455 DM als Haftungsschuldnerin gemäß § 75 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) in Anspruch. Er wies darauf hin, dass die Voraussetzungen der Betriebsübernehmerhaftung vorlägen. Im Streitfall seien das Unternehmen im Ganzen bzw. dessen wesentliche Betriebsgrundlagen an die Klägerin übereignet worden. Der Betrieb habe auch nach der Übernahme in der gleichen Art. weiterbestanden. Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein. Sie führte aus, dass sie nach dem Übernahmevertrag vom 30. April 1998 eine einmalige Summe an die Übergeberin bezahlt habe. Weitere Verpflichtungen habe sie nicht übernommen. Daraufhin teilte ihr der Beklagte mit Schreiben vom 26. Januar 2000 mit, dass ihm der Übernahmevertrag nicht vorläge. Er forderte sie deshalb (ohne Fristsetzung) auf, ihm diesen Vertrag zu übergeben. Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2000 setzte der Beklagte die Haftungssumme auf 10.142,10 DM herab. Im übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass sich die bisher geschätzten Umsatzsteuervorauszahlungen aufgrund der zwischenzeitlich abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen als zu hoch erwiesen hätten. Zudem wies er auch darauf hin, dass sich die Haftung für die Betriebssteuern auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränke. Zur Zusammensetzung und Höhe des auf die Klägerin übertragenen Betriebsvermögens machte er allerdings keine Angaben. Zu den im einzelnen übernommenen Gegenständen äußerte er sich ebenfalls nicht.

Am 10. April 2000 hat die Klägerin Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 25. Januar 2001 wurde der Haftungsbescheid in bezug auf die Lohnsteuer zurückgenommen. Die Haftungssumme wurde nunmehr auf 8.651,10 DM herabgesetzt.

Im Klageverfahren beantragt die Klägerin,

die Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2000 und die Haftungsbescheide vom 10. Dezember 1998 bzw. 25. Januar 2001 aufzuheben.

Zur Begründung trägt sie vor, dass im Streitfall zu Unrecht von einer Betriebsübernahme im Sinne des § 75 AO ausgegangen worden sei. Das Unternehmen sei nicht im Ganzen übereignet worden, da sie den Betrieb nicht ohne wesentliche Neuanschaffungen habe fortführen können. Das auf sie übertragene Inventar und die Geschäftsräume hätten sich in einem Zustand befunden, der ei...

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