Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft bei Einbringung einer Mehrheitsbeteiligung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer zum Buchwert und mit steuerlicher Rückwirkung erfolgenden Einbringung einer Mehrheitsbeteiligung nach § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG 2005 kann der übernehmende Rechtsträger rückwirkend als Organträger eine ertragsteuerliche Organschaft begründen; dabei ist auch das für eine ertragsteureliche Organschaft erforderliche Merkmal der finanziellen Eingliederung in rückbezogener Weise anzuerkennen.

 

Normenkette

UmwStG 2005 § 20 Abs. 1-2, 8 S. 3, §§ 22, 2, 12 Abs. 3 S. 1; KStG 2005 § 14 Abs. 1 S. 2, § 17; GewStG 2005 § 2 Abs. 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.07.2010; Aktenzeichen I R 111/09)

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2006 wird der zuletzt durch Bescheid vom 23. Juni 2009 geänderte Körperschaftsteuerbescheid 2005 dahin geändert, dass die Körperschaftsteuer wegen der Stellung der Klägerin als Organgesellschaft auf 0 EUR festgesetzt wird.

2. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2006 wird der zuletzt durch Bescheid vom 22. Juli 2009 geänderte Gewerbesteuermessbescheid 2005 wegen der Stellung der Klägerin als Organgesellschaft ersatzlos aufgehoben.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Fraglich ist, ob im Streitjahr 2005 eine ertragsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und einer Schwestergesellschaft bzw. nunmehr Muttergesellschaft als Organträgerin vorliegt. Streitig ist die Auslegung des § 14 des Körperschaftsteuergesetzes 2005 (KStG 2005) im Hinblick darauf, ob bei der Einbringung einer Mehrheitsbeteiligung mit steuerlicher Rückwirkung gemäß § 20 des Umwandlungssteuergesetzes 2005 (UmwStG 2005) die finanzielle Eingliederung ebenfalls rückwirkend gegeben sein kann.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in O. Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr. Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von Produkten für die Veterinärmedizin, insbesondere aus den Produktbereichen der A KG (A-KG, inzwischen formwechselnd umgewandelt zur A-AG) und der Y AG. Das Stammkapital der Klägerin beträgt 26.000 EUR. Es war früher in voller Höhe von der A-KG gehalten worden, ab dem Streitjahr wurde es in voller Höhe von der B GmbH (B-GmbH) gehalten. Bei der B-GmbH, deren Wirtschaftsjahr ebenfalls das Kalenderjahr ist, handelt es sich ebenfalls um eine 100%-Tochtergesellschaft der A-KG (bzw. nun A-AG). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die B-GmbH gemäß dem im Handelsregister bereits eingetragenen notariellen Verschmelzungsvertrag vom 18. Mai 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 auf die A-AG verschmolzen wird (vgl. Gerichtsakte Blatt 103 ff.).

Mit Schreiben vom 22. Juli 2005 hatten die B-GmbH und die Klägerin beim Beklagten, dem Finanzamt (FA), die Erteilung einer verbindlichen Auskunft hinsichtlich der Anerkennung einer geplanten ertragsteuerlichen Organschaft mit Wirkung vom 1. Januar 2005 zwischen der B-GmbH als Organträgerin und der Klägerin als Organgesellschaft beantragt. Das FA beschied den Antrag auf verbindliche Auskunft mit Schreiben vom 23. August 2005 negativ unter Hinweis auf die Textziffer 12 des BMF-Schreibens vom 26. August 2003 IV A 2 – S 2770 – 18/03 (BStBl I 2003, 437). Hinsichtlich aller Einzelheiten wird auf den Sonderband „Ablehnung vbl. Auskunft” verwiesen.

Die Klägerin setzte die geplante Umstrukturierung (bildliche Veranschaulichung siehe Gerichtsakte Blatt 32) hierauf ohne positive verbindliche Auskunft in die Tat um. Mit „Übertragungs- und Anteilsabtretungsvertrag” vom 29. August 2005 (Gerichtsakte Blatt 52 ff.) brachte die A-KG ihre 100%-Beteiligung an der Klägerin mit steuerlicher Rückwirkung zum 31. Dezember 2004 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum Buchwert nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2005 in die B-GmbH ein. Die B-GmbH aktivierte die Beteiligung an der Klägerin zum Buchwert von 26.000 EUR (Kapitalerhöhung 1.000 EUR, im Übrigen Zuführung zu Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB).

Ebenfalls am 29. August 2005 schlossen die B-GmbH und die Klägerin einen Ergebnisabführungsvertrag (Gerichtsakte Blatt 56 f.). In diesem Ergebnisabführungsvertrag verpflichtete sich die Klägerin, erstmals für ihr ab dem 1. Januar 2005 beginnendes Geschäftsjahr ihren gesamten Gewinn an die B-GmbH abzuführen. Ferner wurde bestimmt, dass der Vertrag mit seiner Eintragung in das Handelsregiste...

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