Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Einführung der Fünftelungsregelung in Veräußerungsfällen durch das StEntlG 1999/2000/2002. Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 1999)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Abschaffung des halben Steuersatzes und die Einführung der Fünftelungsregelung in § 34 EStG 1999 durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 nicht verfassungswidrig ist, insbesondere musste der Gesetzgeber weder eine Übergangsregelung einführen, noch verstößt die Neuregelung gegen Art. 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 oder 12 Abs. 1 Grundgesetz, noch begründet die spätere –wahlweise– Wiedereinführung des halben Steuersatzes in bestimmten Fällen ab dem Veranlagungszeitraum 2001 rückwirkend für das Jahr 1999 einen Anspruch auf Besteuerung nach dem halben Steuersatz.

2. Bei einer Anteilsveräußerung und dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung erst nach der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 wird durch die Anwendung der Fünftelungsregelung weder das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verletzt noch kann der Veräußerungsgewinn, weil die Verkaufsverhandlungen schon im Jahr 1997 anliefen und der Verkauf sowie der Preis bereits Ende 1998 faktisch feststanden, aus Vertrauensschutzgründen nach dem halben Steuersatz besteuert werden.

 

Normenkette

EStG 1999 § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1; EStG § 17 Abs. 1, § 16 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3, 2

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Beschwerde wird zugelassen.

3. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein im Veranlagungszeitraum 1999 erzielter Veräußerungsgewinn nach § 34 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1999 Fassung (sogenannte Fünftelregelung) oder nach dem halben Durchschnittssteuersatz zu besteuern ist.

I.

Die Antragsteller sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellen Verträgen vom 30. August 1999 – auf die Bezug genommen wird – haben die Antragsteller mit sofortiger Wirkung Anteile an der G.-GmbH S. und der G.-GmbH M. an den B. Konzern veräußert. Der 1957 geborene Antragsteller hat hierbei einen – unstreitig – nach § 16 EStG steuerbaren Veräußerungsgewinn in Höhe von 2 616 610 DM, die 1961 geborene Antragstellerin einen – unstreitig – nach § 17 EStG steuerbaren Veräußerungsgewinn in Höhe von 975 000 DM erzielt. Der Antragsgegner hat diesen Gewinn bei der Steuerfestsetzung 1999 nach der im Veranlagungszeitraum 1999 geltenden Fünftelregelung des § 34 in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 mit Bescheid vom 4. Dezember 2001 berücksichtigt. Dagegen legten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 7. Januar 2002 Einspruch ein. Zugleich beantragten sie, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1999 auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 21. Januar 2002 ab. Der in der Hauptsache eingelegte Einspruch ist vom Antragsgegner noch nicht verbeschieden.

Die Antragsteller tragen vor, an der Rechtmäßigkeit des geänderten Bescheids bestünden ernstliche – verfassungsrechtliche – Zweifel. Die Änderung des § 34 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (Abschaffung des halben Steuersatzes/Einführung der Fünftelregelung) bewirke eine Rückwirkung von Rechtsfolgen, da die Antragsteller unter der Geltung des § 34 EStG a. F. wirtschaftlich disponiert hätten und verletze damit den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Darüber hinaus verstoße die Neufassung der Vorschrift gegen das Gebot der Übergangsgerechtigkeit, da der Gesetzgeber keine angemessene Übergangsregelung getroffen habe.

Die Antragsteller hätten sich bereits 1997 entschieden, die GmbH-Anteile zu veräußern. Seit Anfang 1998 habe man Verkaufsverhandlungen geführt und Ende 1998 einen Kaufpreis gefunden. Bei der Kaufpreisfindung Ende 1998 sei man davon ausgegangen, dass der Veräußerungsgewinn dem halben Steuersatz unterliege. Daraufhin seien noch 1998 die G.-GmbH S. und die G.-GmbH M. in den B.-Konzern integriert worden. Nach außen sei diese Maßnahme als strategische Partnerschaft mit Kapitalbeteiligung bezeichnet worden. Danach hätten die Antragsteller die Veräußerungen der Gesellschaften faktisch nicht mehr aussetzen können, da die Integration der Gesellschaften in den B.-Konzern am Markt bekannt gewesen sei und ein Ausstieg aus diesem Prozess ein Misstrauen in Kunden- und Lieferantenkreisen erzeugt hätt … welches in … inem ohnehin schwierigen Markt „das Aus” bedeutet hätte. Der 1998 unter der Geltung des halben Steuersatz … gefundene und bemessene Kaufpreis habe deshalb faktisch nicht mehr an die steuerliche Mehrbelastung durch die Fünftelregelung angepasst werden können. Damit habe der Gesetzgeber in einen wirtschaftlich bereits abgeschlossenen Sachverhalt rückwirkend eingegriffen. Die Antragsteller hätten unter dem halben Steuersatz – faktisch bindend – disponiert und auf dessen auf die Fortgeltung vertraut und vertrauen dürfen. Im Üb...

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