Leitsatz

Bei der Änderung der Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags kann auch ein materieller Fehler berücksichtigt werden.

 

Sachverhalt

Die Einkommensteuer 2004 des Klägers wurde mit Bescheid vom 12.12.2005 auf 0 EUR festgesetzt. Hierbei wurden negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 32.000 EUR berücksichtigt. Der verbleibende Verlustvortrag auf den 31.12.2004 wurde ebenfalls mit Bescheid vom 12.12.2005 auf 74.000 EUR festgesetzt. Dies entsprach der Festsetzung zum 31.12.2003. Eine Verlustverrechnung mit positiven Einkünften aus 2004 unterblieb fälschlicher Weise. Als der Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2003 aus anderen Gründen zu Gunsten des Klägers geändert wurde, minderte das Finanzamt die Verlustfeststellung zum 31.12.2003 um den Betrag von 22.000 EUR, dessen Verbrauch in 2004 fälschlicher Weise nicht berücksichtigt worden war, und stellte zum mit Bescheid vom 27.09.2011 nur noch eine Betrag von 58.000 EUR fest. Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Hinweis auf das Fehlen einer Korrekturnorm sowie auf die eingetretene Festsetzungsverjährung. Der Einspruch hatte Erfolg, das Finanzamt änderte aber daraufhin den Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2004 unter Hinweis auf § 177 AO. Der Kläger legte wiederum Einspruch ein und verwies auf die seiner Ansicht nach eingetretene Festsetzungsverjährung.

 

Entscheidung

Die Klage hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg. Hinsichtlich der wesentlichen Streitfrage wurde sie indes als unbegründet angewiesen. Das Finanzamt durfte, so das Gericht, den zunächst nicht berücksichtigten Verlustabzugsbetrag von 22.000 EUR in Abzug bringen, da insofern eine Saldierung nach § 177 Abs. 2 AO möglich sei. Die Voraussetzung für die Anwendung des § 177 AO seien hier gegeben, da eine Änderung zu Gunsten des Klägers erfolgt sei, so dass im Gegenzug ein materieller Fehler gegenläufig berücksichtigt werden könne. Dies sei unabhängig von einer etwaigen Verjährung möglich.

 

Hinweis

§ 177 AO ist quasi der Rettungsanker, wenn keine andere Verjährungsnorm mehr eingreift. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass § 177 AO für sich allein kein Anlass für die Korrektur eines bestandskräftigen Steuerbescheides ist. Vielmehr muss stets auch die Voraussetzung für die Aufhebung oder Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheides gegeben sein. Ist dies der Fall, kann ein materieller Fehler innerhalb des Berichtigungsrahmens berücksichtigt werden (im Einzelnen vgl. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 177 AO Rz. 14ff.; vgl. auch AEAO zu § 177 AO) . Das interessante an der vorliegenden Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg ist, dass diese klarstellt, dass die vorgenannten Grundsätze auch für Bescheide über die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags gelten.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.09.2015, 4 K 4074/15

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