Leitsatz

Hinterzogene Steuern sind nach § 235 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen. Voraussetzung ist hierfür die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Straftatbestands einer vollendeten Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller übersandte dem Finanzamt nach Ergehen der Steuerbescheide die Anlagen R zur Einkommensteuererklärung 2007 und 2008 und wies darauf hin, dass versehentlich die Angabe einer seit 2007 bezogenen Rente unterblieben sei. Das Finanzamt änderte die Bescheide und setzte Hinterziehungszinsen fest. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Renten ohne Vorsatz nicht erklärt worden seien und deshalb keine Steuerhinterziehung vorliege.

 

Entscheidung

Das FG hat die Vollziehung des Bescheids über Hinterziehungszinsen ausgesetzt.

Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO liegt vor, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige und unvollständige Angaben macht (objektiver Tatbestand). Weitere Voraussetzung der Steuerhinterziehung ist, dass der Steuerpflichtige vorsätzlich handelt (subjektiver Tatbestand). Die objektive Beweislast für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung trägt die Finanzbehörde.

Das FG ist bei summarischer Prüfung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Antragsteller ggf. nur leichtfertig gehandelt hat und dass ihm bedingter Vorsatz nicht nachzuweisen ist. Denn der Antragsteller habe vorgetragen, dass die Rentenzahlungen nicht auf das von seinem Steuerberater gebuchte Girokonto für die Betriebseinnahmen der Praxis überwiesen worden und auch die Rentenunterlagen versehentlich nicht an den Steuerberater weiter gegeben worden seien. Erst im Nachhinein habe der Steuerberater von der Rente erfahren und die Fehlerhaftigkeit der Steuererklärungen für 2007 und 2008 erkannt. Wenn also der Antragsteller mangels eigener Sachkunde ohne weitere Prüfung die Steuererklärungen unterzeichnet und damit dem ihm als sachkundig und zuverlässig bekannten Steuerberater vertraut habe, sei dies ein gegen die Annahme eines bedingten Vorsatzes sprechender Umstand.

 

Hinweis

Das Aussetzungsverfahren ist nur ein summarisches Verfahren. Wegen der Eilbedürftigkeit wird auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen, d. h. nur nach Aktenlage und aufgrund von präsenten Beweismitteln entschieden[1]. Ohne weitere Ermittlungen konnte das FG allein aus dem Umstand, dass der Antragsteller aufgrund seines Bildungsstandes von der Steuerpflicht der Renten gewusst haben muss, nicht auf bedingten Vorsatz schließen. Hierzu wird es in dem Hauptsacheverfahren weitere Feststellungen treffen müssen.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Beschluss vom 20.04.2011, 13 V 446/11

[1] vgl. T/K, FGO, § 69 Tz. 122

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