R ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielung tätig ist. Zum Umfang seiner unternehmerischen Betätigung gehört seine Rechtsanwaltstätigkeit. Da R das Fahrzeug ausschließlich für seine unternehmerischen Tätigkeiten verwendet, ist das Fahrzeug dem Unternehmen zuzuordnen. Ein Zuordnungswahlrecht ergibt sich für ihn nicht.

Da R das Fahrzeug seinem Unternehmen zuordnet, ist der Vorsteuerabzug grds. nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG gegeben. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist aber, dass der Unternehmer eine (ordnungsgemäße) Rechnung nach § 14 UStG besitzt. Da § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG für die Rechnung vorschreibt, dass der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthalten sein muss, war fraglich, ob die Angabe eines sog "Briefkastensitzes", unter der der leistende Unternehmer nur postalisch erreichbar ist, aber nicht seine wirtschaftlichen Tätigkeiten an diesem Ort entfaltet, als Angabe für eine ordnungsgemäße Rechnung anzuerkennen ist. Nach früherer nationaler Auffassung[1] musste in einer Rechnung die Anschrift des leistenden Unternehmers angegeben sein, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltete. Der EuGH[2] hat aber in 2 Entscheidungen klargestellt, dass es für eine ordnungsgemäße Rechnung nicht erforderlich ist, den Ort der wirtschaftlichen Aktivitäten anzugeben. Eine postalische Erreichbarkeit reicht für den EuGH als zutreffende Absenderangabe aus, da der leistende Unternehmer von der Finanzverwaltung ergänzend dazu auch über die Steuernummer oder die USt-IdNr. identifizierbar ist. Der BFH[3] hat dies entsprechend umgesetzt.

Da R eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt, kann der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG vorgenommen werden. Es ist allerdings zu prüfen, ob dem Vorsteuerabzugsrecht ein Verbot oder eine Einschränkung entgegen steht.

Einem Vorsteuerabzug könnte § 15 Abs. 1a UStG entgegen stehen. Soweit bestimmte ertragsteuerrechtliche Abzugsverbote nach § 4 Abs. 5 EStG vorliegen, ist der Vorsteuerabzug für diese Aufwendungen  ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen (ertragsteuerrechtlich) vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Der BFH[4] hat zum Ertragsteuerrecht festgestellt, dass die Unangemessenheit danach zu beurteilen ist, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde. Unter diesen Voraussetzungen ist die Anschaffung eines solchen Sportwagens als unangemessen anzusehen. Soweit ertragsteuerrechtlich nicht abzugsfähige Aufwendungen vorliegen, ist auch der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen.[5] R hat demnach aus dem Kauf des Fahrzeugs keinen Vorsteuerabzug, obwohl die ihm vorliegende Rechnung ordnungsgemäß i. S. d. § 14 Abs. 4 UStG ist.

 
Praxis-Tipp

Anteiliger Vorsteuerabzug möglich

In einem vergleichbaren Fall wurde in einer Betriebsprüfung zwar der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Fahrzeugs nach § 15 Abs. 1a UStG verwehrt, für die tatsächlich nachgewiesenen unternehmerischen Fahrten wurde dann aber ein Vorsteuerabzug für geschätzte Aufwendungen pro Kilometer von 2 EUR und einem vorsteuerabzugsberechtigten Anteil von 80 % der Aufwendungen gewährt.[6] In einem nachfolgenden Finanzgerichtsverfahren[7] wurde dies dem Grunde und der Höhe nach nicht beanstandet.

Bei dem Erwerb des Fahrrads und der Überlassung an die angestellte Rechtsanwältin handelt R ebenfalls als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens. Die Nutzungsüberlassung erfolgt im Rahmen eines entgeltlichen tauschähnlichen Umsatzes[8], der dort ausgeführt ist, wo die Mitarbeiterin ansässig ist.[9] Der Vorgang ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und mangels Steuerbefreiung auch steuerpflichtig.

Die Bemessungsgrundlage ermittelt sich nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG in Ermangelung sachgerechter Aufzeichnungen über die Gesamtfahrleistung anhand der 1 %-Regelung[10]:

1 % des Bruttolistenneupreis (1 % von 8.900 EUR[11]) 89 EUR pro Monat, dies stellt einen Bruttobetrag dar, in dem die Umsatzsteuer mit 19 %[12] enthalten ist. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit (89 EUR : 1,19 =) 74,79 EUR und die Umsatzsteuer 14,21 EUR pro Monat. R muss als Steuerschuldner[13] monatlich eine Umsatzsteuer von 14,21 EUR anmelden und abführen.

Da R das Fahrrad für unternehmerische Zwecke nutzt und im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit offensichtlich keine den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätze bewirkt, ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG aus dem Kauf des Fahrrads vorzunehmen. R kann – soweit eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt – eine Vorsteuer von 1.425 EUR abziehen.

 
Hinweis

Keine Steuerbefreiung analog Ertragsteuerrecht

Im Umsatzsteuerrecht gibt es keine dem § 3 Nr. 37 EStG e...

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