Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollkodex, Erstattung oder Erlass von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, Begriff "gesetzlich geschuldet"

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Anwendung von Artikel 236 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften sind die Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben gesetzlich geschuldet, wenn eine Zollschuld unter den in Titel VII Kapitel 2 dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen entstanden ist und der Betrag dieser Abgaben durch Anwendung des Zolltarifs der Europäischen Gemeinschaften gemäß den Vorschriften des Titels II der genannten Verordnung bestimmt werden konnte.

Der Betrag der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bleibt im Sinne von Artikel 236 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 2913/92 gesetzlich geschuldet, auch wenn er dem Zollschuldner nicht gemäß Artikel 221 Absatz 1 dieser Verordnung mitgeteilt wurde.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 236 Abs. 1

 

Beteiligte

Transport Maatschappij Traffic

Transport Maatschappij Traffic BV

Staatssecretaris van Economische Zaken

 

Verfahrensgang

College van Beroep voor het Bedrijfsleven (Niederlande) (Entscheidung vom 28.05.2004)

 

Tatbestand

Zollkodex der Gemeinschaften ‐ Erstattung oder Erlass von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben ‐ Begriff "gesetzlich geschuldet"

In der Rechtssache C-247/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidung vom 28. Mai 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Juni 2004, in dem Verfahren

Transport Maatschappij Traffic BV

gegen

Staatssecretaris van Economische Zaken,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter J. Makarczyk (Berichterstatter), C. Gulmann, R. Schintgen, und J. Klŭcka,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Transport Maatschappij Traffic BV, vertreten durch A. Wolkers und E. H. Mennes, advocaten,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und C. M. Wissels als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis als Bevollmächtigten im Beistand von F. Tuytschaever, advocaat,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Mai 2005

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 236 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Transport Maatschappij Traffic BV (im Folgenden: Traffic) und dem Staatssecretaris van Economische Zaken (im Folgenden: Staatssecretaris) über die Ablehnung des Antrags auf Erstattung des von Traffic gezahlten Antidumpingzolls durch den Staatssekretär.

Rechtlicher Rahmen

3

Artikel 4 des Zollkodex enthält folgende Definitionen:

„…

9. Zollschuld: die Verpflichtung einer Person, die für eine bestimmte Ware im geltenden Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Einfuhrabgaben (Einfuhrzollschuld) oder Ausfuhrabgaben (Ausfuhrzollschuld) zu entrichten;

23. geltendes Recht: Gemeinschaftsrecht oder einzelstaatliches Recht;

…“

4

Artikel 20 Absatz 1 in Titel II des Zollkodex mit der Überschrift „Grundlagen für die Erhebung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie für die Anwendung der sonstigen im Warenverkehr vorgesehenen Maßnahmen“ bestimmt:

„Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.“

5

Titel VII Kapitel 2 des Zollkodex enthält die Bestimmungen über das Entstehen einer Zollschuld. Sie regeln insbesondere die Entstehungstatbestände der Zollschuld sowie Zeitpunkt und Ort ihres Entstehens.

6

Artikel 221 in Titel VII Kapitel 3 des Zollkodex über die Erhebung des Zollschuldbetrags sieht vor:

„(1) Der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.

(3) Die Mitteilung an den Zollschuldner darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen. …“

7

Titel VII Kapitel 4 des Zollkodex enthält die Bestimmungen über das Erlöschen der Zollschuld.

8

Artikel 236 Absatz 1 Unterabsatz 1 in Titel VII Kapitel 5 des Zollkodex mit der Überschrift „Erstattung oder Erlass der Abgaben“ bestimmt:

„Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

9

Mit Zahlungsaufforderung vom 18. Dezember 1997 teilte der Inspecteur Belastingdienst/Douane district Roosendaal (im Folgenden: Inspecteur) Traffic mit, dass sie Antidu...

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