Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom. Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck. Begriff. Energieerzeugnis, das für thermische Abfall- und Abluftbehandlung verwendet wird

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; Richtlinie 2003/96/EG

 

Beteiligte

YARA Brunsbüttel

YARA Brunsbüttel GmbH

Hauptzollamt Itzehoe

 

Tenor

Art. 2 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom in der durch die Richtlinie 2004/75/EG des Rates vom 29. April 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Erdgas, das zum einen zum Überhitzen und Trocknen von Dampf, der anschließend im Ammoniakproduktionsprozess eingesetzt wird, und zum anderen zur thermischen Zersetzung und zur Ableitung der aus diesem Prozess stammenden Restgase verwendet wird, kein vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommenes Energieerzeugnis mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne dieser Bestimmung darstellt. Die Mitgliedstaaten dürfen eine Steuerentlastung für die Verwendung eines solchen Energieerzeugnisses deshalb nur gewähren, wenn sie mit den durch die Richtlinie 2003/96 in der durch die Richtlinie 2004/75 geänderten Fassung auferlegten Pflichten im Einklang steht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 24. November 2014, in dem Verfahren

YARA Brunsbüttel GmbH

gegen

Hauptzollamt Itzehoe

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der YARA Brunsbüttel GmbH, vertreten durch Wirtschaftsprüfer R. Böhm und Rechtsanwältin N. Arusoglu,
  • des Hauptzollamts Itzehoe, vertreten durch F.-J. Utler,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier und F. Tomat als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51) in der durch die Richtlinie 2004/75/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 157, S. 100, berichtigt im ABl. L 195, S. 31) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2003/96).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der YARA Brunsbüttel GmbH (im Folgenden: YARA Brunsbüttel) und dem Hauptzollamt Itzehoe (im Folgenden: Hauptzollamt) über dessen Ablehnung des von der Klägerin des Ausgangsverfahrens gestellten Antrags auf Steuerentlastung für die in ihrem Betrieb im Mai 2009 zur Herstellung von Ammoniak eingesetzte Erdgasmenge.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2003/96

Rz. 3

Art. 1 der Richtlinie 2003/96 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom erheben.

Rz. 4

Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie sind „Energieerzeugnisse” die Erzeugnisse der Codes 2701, 2702 und 2704 bis 2715 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1031/2008 der Kommission vom 19. September 2008 (ABl. L 291, S. 1) (im Folgenden: KN).

Rz. 5

In Art. 2 Abs. 4 Buchst. b zweiter Gedankenstrich dieser Richtlinie heißt es:

„Diese Richtlinie gilt nicht für:

b)

… folgende Verwendungen von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom:

– für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck;

Ein Energieerzeugnis hat dann zweierlei Verwendungszweck, wenn es sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird. Die Verwendung von Energieerzeugnissen bei der chemischen Reduktion, bei Elektrolysen und bei Prozessen in der Metallindustrie ist als zweierlei Verwendungszweck anzusehen.

…”

KN

Rz. 6

In der KN-Position 2711 heißt es:

„Erdgas und andere gasförmige Kohlenwasserstoffe:

– verflüssigt:

2711 11 00 – Erdgas:

…”

Deutsches Recht

Rz. 7

In § 51 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 des Energiesteuergesetzes vom 15. Juli 2006 (BGBl. 2006 I S. 1534) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: EnergieStG) heißt es:

„Eine Steuerentlastung wird auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9, 10 oder Abs...

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