Leitsatz

Erwerbsunfähigkeitsrenten sind ab dem Veranlagungszeitraum 2005 nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG der (schrittweisen) vollen nachgelagerten Besteuerung zu unterwerfen.

 

Sachverhalt

Seit dem Veranlagungszeitraum 2005 werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der (schrittweisen) vollen nachgelagerten Besteuerung des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG erfasst. Die bis einschließlich zum Veranlagungszeitraum 2004 geltende Besteuerung als gesetzliche Rente mit dem Ertragsanteil aus der Tabelle zu § 55 Abs. 2 EStDV findet ab diesem Zeitpunkt keine Anwendung mehr.

 

Entscheidung

Der Kläger bezog seit dem 1.4.2004 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Diese Rente war längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs (Beginn der Regelaltersrente) zu zahlen. Im Streitjahr 2005 beantragte der Kläger im Einspruchsverfahren die Besteuerung dieser abgekürzten Leibrente mit dem im Streitfall niedrigeren Ertragsanteil nach § 55 Abs. 2 EStDV. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Nach seiner Auffassung unterliegen seit der Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte ab dem Veranlagungszeitraum 2005 auch abgekürzte Leibrenten, wie z. B. die Erwerbsunfähigkeitsrente, aus der gesetzlichen Rentenversicherung der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr 1 S. 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG. Seit diesem Zeitpunkt existiert keine gesetzliche Grundlage mehr dafür, dass bei abgekürzten Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der der Besteuerung unterliegende Anteil der Rente aus der Tabelle nach § 55 Abs. 2 EStDV zu entnehmen ist.

Im Übrigen verweist das Gericht darauf, dass die Neuregelung der Besteuerung nach dem Alterseinkünftegesetz auch im Hinblick auf die Erwerbsunfähigkeitsrenten nicht verfassungswidrig ist. Insbesondere ist die unterschiedliche Behandlung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus privaten Leibrentenversicherungen, für die weiterhin der Ertragsanteil nach § 55 Abs. 2 EStDV zu ermitteln ist, nicht verfassungswidrig ist. Der Gesetzgeber hat nämlich die Beitragszahlungen zu privaten Leibrentenversicherungen in deutlich geringerem Umfang zum Sonderausgabenabzug zugelassen. Dann ist es aber im Gegenzug auch gerechtfertigt, nur den Ertragsanteil der Besteuerung zu unterwerfen.

Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht die Frage, wann eine Doppelbesteuerung in diesen Fällen vorliegt. Diese Frage war im Streitfall offenkundig auch nicht entscheidungserheblich.

 

Hinweis

In der hier streitigen Rechtsfrage ist zur Zeit beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X R 19/09 eine Revision anhängig. Betroffene Steuerfestsetzungen werden von der Finanzverwaltung mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen (BMF-Schreiben vom 15.2.2010, BStBl I 2010, 74).

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 24.03.2010, 12 K 2243/08 E

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