LfSt Bayern, 30.7.2018, S 0166.1.1 - 13/3 St 43

 

1. Allgemeines

Erstattungs- und Vergütungsansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis können gepfändet werden (§ 46 Abs. 1 AO). Für die Pfändung durch private Gläubiger gelten die Vorschriften der §§ 829 ff. ZPO, für behördliche Pfändungs- und Einziehungsverfügungen bei öffentlich-rechtlichen Forderungen die entsprechenden Vollstreckungsgesetze des Bundes bzw. des Landes. Darüber hinaus sind die aus § 46 AO sich ergebenden Einschränkungen zu beachten.

Die Überleitung von Erstattungsansprüchen nach § 90 BSHG hat die Wirkung einer Abtretung (BFH vom 23.2.1988, BStBl 1988 II S. 500).

 

2. Pfändbare Ansprüche

Vgl. entsprechend Karte 1 zu § 46 AO, Tz 2.

 

3. Wirksamkeit eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

Die Pfändung erfolgt durch einen Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts (§ 829 ZPO). Dieser bewirkt die Belastung des Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs mit einem Pfandrecht. Zur Verwirklichung des Anspruchs muss darüber hinaus der gepfändete Anspruch zur Einziehung oder an Zahlungs statt dem Gläubiger überwiesen werden (§ 835 ZPO). In der Praxis wird die Überweisung regelmäßig mit der Pfändung verbunden (Pfändungs- und Überweisungsbeschluss).

Voraussetzung für die Wirksamkeit ist ein wirksamer Pfändungsbeschluss, dessen wirksame Zustellung, die Erstattungsberechtigung des Pfändungsschuldners und die Verfügbarkeit des gepfändeten Anspruchs.

Ist eine dieser Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, so ist der Pfändungsbeschluss unwirksam und nicht geeignet, ein Pfändungspfandrecht zu begründen. In diesen Fällen ist Tz. 6 zu beachten.

 

3.1. Inhaltliche Voraussetzungen

Der Pfändungsbeschluss muss den Pfändungsgläubiger und Pfändungsschuldner, den Drittschuldner (Tz 3.2), den vollstreckbaren Anspruch und den gepfändeten Anspruch genau bezeichnen.

Pfändungsgläubiger und -schuldner müssen i.d.R. mit Vor- und Familienname, Beruf oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung bezeichnet werden. Ungenaue oder fehlerhafte Bezeichnungen sind nur dann unschädlich, wenn die Feststellung der Identität dennoch zweifelsfrei gewährleistet ist.

Der vollstreckbare Anspruch des Pfändungsgläubigers muss nach Vollstreckungstitel und Betrag (Hauptforderung zuzüglich Zinsen und Kosten) bezeichnet sein, weil sich danach der Umfang des Pfandrechts und der Einziehungsbefugnis bestimmt.

Zum notwendigen Inhalt eines Pfändungsbeschlusses gehört außerdem das Verbot an den Drittschuldner, an den Schuldner zu zahlen (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sowie das Gebot an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung zu enthalten (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Zur Bezeichnung des gepfändeten Anspruchs vgl. Karte 1 zu § 46 AO, Tz 3.1.

 

3.2. Bezeichnung des Drittschuldners/Zuständiges Finanzamt

Nach § 46 Abs. 7 AO gilt die Finanzbehörde, die über den Anspruch zu entscheiden hat, als Drittschuldner nach §§ 829, 845 ZPO. Dies ist das nach den steuerlichen Zuständigkeitsbestimmungen sachlich (§ 16 AO, § 17 Abs. 2 FVG i.V.m. der Zuständigkeitsverordnung) und örtlich (§ 17 ff. AO) für den Pfändungsschuldner zuständige FA.

Diese Finanzbehörde muss im Beschluss so eindeutig bezeichnet werden, dass eine genaue Bestimmung möglich und eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Schreibfehler und ähnliche fehlerhafte Bezeichnungen, die keinen Zweifel am richtigen Empfänger aufkommen lassen, sind unschädlich.

Für die Bestimmung des zuständigen FA kommt es auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an. War bereits vor diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit nach den Vorschriften des § 26 AO auf ein anderes FA übergegangen oder war das FA nie zuständig, ist er nicht wirksam geworden und darf auch nicht an das zuständige FA weitergeleitet werden (vgl. Tz. 5.2). Ändert sich die Zuständigkeit nach der Zustellung des Beschlusses, geht die sich daraus ergebende Verpflichtung auf das neue FA über. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist mit den Steuerakten an das neu zuständig gewordene FA abzugeben.

 

3.3. Entstehung des gepfändeten Anspruchs

Weitere Voraussetzung für einen wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist, dass er nicht erlassen wurde, bevor der zu pfändende Anspruch nach § 38 AO entstanden ist.

Wann ein Erstattungs- oder Vergütungsanspruch entsteht, bestimmt sich nach § 38 AO i. V. m. den entsprechenden Bestimmungen der Einzelsteuergesetze.

  1. Ergibt sich der Erstattungsanspruch aus der Überzahlung der Steuer durch Vorauszahlungen, Steuerabzugsbeträge und/oder anrechenbare Körperschaftsteuer, so entsteht er im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, also grundsätzlich mit Ablauf des Veranlagungs- oder Erhebungszeitraums (z.B. § 36 Abs. 1 EStG, § 30 KStG), bei späterer Überzahlung mit dieser.
  2. Der Vorsteuerüberhang aus § 16 Abs. 2 UStG (Überschuss der Vorsteuer über die Umsatzsteuer) als Vergütungsanspruch entsteht mit Ablauf des jeweiligen USt-Voranmeldungszeitraums. Dagegen ist der sich aus § 15 UStG ergebende Vorsteuerabzugsanspruch nicht selbständig pfändbar. Denn er geht a...

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