Leitsatz

Bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist die vom Schuldner für sein Fahrzeug vorausgezahlte Kraftfahrzeugsteuer zu erstatten, soweit sie auf die Tage nach Verfahrenseröffnung entfällt, auch wenn das Fahrzeug aus der Insolvenzmasse nicht freigegeben worden ist.*

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2, InsO §§ 38, 55 Abs. 1

 

Sachverhalt

Für ein Fahrzeug war Kraftfahrzeugsteuer entrichtet worden. Während des Vorauszahlungszeitraums wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Fahrzeug wurde vom Verwalter nicht freigegeben, sondern zur Fortführung des Betriebes des Schuldners genutzt.

Das FA hat Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben und den betreffenden vorausgezahlten (Teil-)Betrag mit Insolvenzforderungen verrechnet. Die Klage gegen den dazu ergangenen Abrechnungsbescheid hat das FG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 14.12.2011, 1 K 54/09) unter Hinweis auf das BFH-Urteil VII R 62/03 abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde, mit der unter Hinweis auf die gegen vorgenanntes Urteil im Schrifttum erhobene Kritik geltend gemacht wird, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsauffassung des BFH, für ein zur Insolvenzmasse gehörendes Kraftfahrzeug vorausgezahlte Kraftfahrzeugsteuer sei zu erstatten, bedürfe der Überprüfung.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision nicht zugelassen, weil diese Rechtsfrage durch seine Entscheidung VII R 62/03 – unbeschadet der gegen dieses Urteil im Schrifttum erhobenen Einwände – ausreichend und überzeugend geklärt sei.

 

Hinweis

1. Ist eine Rechtsfrage vom BFH abschließend entschieden, kommt es in einer anderen Rechtssache, in welcher sich die nämliche Frage erneut stellt, zu keiner Revisionsentscheidung, die den in einem solchen Grundsatzurteil aufgestellten Ausspruch bekräftigend wiederholt. Denn im Allgemeinen hat diese Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung und verdient daher keine Revisionszulassung.

Das kann aber auch einmal anders sein! Denn BFH-Entscheidungen sind nicht von vornherein jeder Kritik und Diskussion entzogen. Mitunter besteht – unbeschadet der Wahrung der Beständigkeit der Rechtsprechung – die Notwendigkeit, sie noch einmal zu überdenken und unter Umständen klarzustellen oder sogar zu korrigieren. Das wird man insbesondere dann annehmen müssen, wenn gegen eine Entscheidung im Schrifttum nicht nur vereinzelt oder rechtlich wenig fundiert Einwände erhoben werden oder dem BFH sogar selbst seine frühere Entscheidung problematisch erscheint, wie es mitunter selbst bei einem Höchstgericht vorkommen kann. In diesen Fällen wird man eine Revision schon allein um der Gehörsmöglichkeiten der Beteiligten willen zulassen müssen, selbst wenn im Rahmen einer informellen Vorprüfung oder aus der Sicht (der Mehrheit) der Beschlussbesetzung ein Erfolg der Revision nicht sonderlich wahrscheinlich erscheint. Diese Handhabung entspricht gängiger BFH-Praxis.

2. Ist Kraftfahrzeugsteuer für einen Zeitraum vorausentrichtet worden, in dem das Kraftfahrzeug (nachdem über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist) zur Insolvenzmasse gehört und für diese genutzt wird, ist sie insoweit (teilweise) zu erstatten, wie der BFH in seinem Urteil VII R 62/03 (BFH/NV 2005, 409; Haufe-Index 1301173) entschieden und mit eingehender Begründung dargelegt hat. Der Erstattungsan­spruch fällt als Neuerwerb in die Masse. Diese muss jedoch damit rechnen, mit einem (neuen, nun an den Verwalter gerichteten) Kraftfahrzeugsteuerbescheid für den betreffenden Zeitraum überzogen zu werden. Für das Finanzamt und den Steuerpflichtigen ist es also zunächst ein Null-­Summen-Spiel: Es wird erstattet und sofort zu­rückgefordert. Gleichwohl ist die vom BFH für richtig gehaltene Konstruktion eines Erstattungsanspruchs bei gleichzeitig entstehender inhaltsgleicher Steuerschuld für das Finanzamt von Interesse, weil sie ihr eine Aufrechnungsmöglichkeit verschafft: Insolvenzforderungen – die das Finanzamt bei Insolvenz zu haben pflegt – gegen Erstattungsanspruch.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 26.11.2013, VII B 243/12BFH, Beschluss vom 26.11.2013 – VII B 243/12

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