Rz. 10

Wird ein Mitunternehmeranteil an einen neu eintretenden Gesellschafter veräußert, kommt es nicht zum Erwerb eines besonderen Wirtschaftsguts "Beteiligung", vergleichbar der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, sondern es findet eine entgeltliche Anschaffung von Anteilen (Bruchteilen oder ideellen Anteilen) an den gesamthänderisch gebundenen Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft statt.[1] Gegenstand des Erwerbs ist nicht der Gesellschaftsanteil als solcher, wie es bei Kapitalgesellschaftsanteilen der Fall ist.[2]

Bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils können 3 Fälle unterschieden werden:[3]

  • Die an den ausscheidenden Gesellschafter geleistete Zahlung übersteigt den Buchwert des Kapitalkontos. Der Grund hierfür wird regelmäßig sein, dass der veräußernde Gesellschafter für seinen Anteil an den in der Personengesellschaft enthaltenen stillen Reserven sowie an einem eventuell vorhandenen Geschäfts- oder Firmenwert abgefunden werden soll. Es entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe der nun aufgedeckten stillen Reserven, die sich aus der Differenz zwischen der Zahlung und dem Buchwert des Kapitalkontos ergeben. Der dem ausscheidenden Gesellschafter entstehende Veräußerungsgewinn kann tarifbegünstigt nach den §§ 16, 34 EStG besteuert werden.[4]
  • Die geleistete Zahlung entspricht dem Buchwert des übernommenen Kapitalkontos. In diesem Fall werden keine stillen Reserven aufgedeckt und es entsteht beim Ausscheidenden kein Veräußerungsgewinn.[5]
  • Die Zahlung unterschreitet den Buchwert. Dies zieht einen ausgleichs- und abzugsfähigen Veräußerungsverlust gem. § 16 EStG für den bisherigen Gesellschafter nach sich.[6]
 

Rz. 11

Derjenige, der in die Position des Austretenden eintritt, hat Anschaffungskosten in Höhe der an den Austretenden geleisteten Zahlungen, welche aktiviert werden müssen, um eine doppelte Besteuerung der stillen Reserven zu vermeiden.[7] Ein Heben der stillen Reserven in den einzelnen bilanzierten und nicht bilanzierten positiven und negativen Wirtschaftsgütern der Steuerbilanz und spiegelbildlich hierzu eine Aufstockung des Kapitalkontos auf die Höhe des Veräußerungspreises ist jedoch – handels- wie steuerrechtlich – nicht möglich, da die Identität der Gesellschaft im Rahmen des Gesellschafterwechsels gewahrt bleibt[8] und sie infolgedessen die Buchwerte unverändert fortführen muss.[9] Dies macht die Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz für den einbringenden Gesellschafter nötig, in welcher passivisch ein Mehrkapital des Gesellschafters ausgewiesen wird, welches aktivisch auf die einzelnen anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter (inkl. eines originären GoF) verteilt wird.[10] Wird der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, sind die Anschaffungskosten entsprechend in eine sog. Ergänzungsrechnung aufzunehmen, für die die Grundsätze über die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen anzuwenden sind.[11]

Unterschreitet der Veräußerungspreis den Buchwert, ist in einer negativen Ergänzungsbilanz aktivisch die Bildung eines negativen Eigenkapitals zu bilden und passivisch eine Abstockung der bilanzierten Wirtschaftsgüter vorzunehmen.[12] Bei einem zukünftigen Verbrauch oder einer Veräußerung durch die Gesellschaft werden sich die Aufwendungen des betreffenden Gesellschafters dadurch mindern.[13]

 

Rz. 12

Die in der Ergänzungsbilanz zu aktivierenden Mehraufwendungen können auf

(1) der Zahlung von Bar- oder Buchgeld,
(2) der ggf. zusätzlichen Übernahme privater Schulden oder eines negativen Kapitalkontos des ausscheidenden Gesellschafters,
(3) einer handelsrechtlichen Gewinnermittlungsabrede[14] oder
(4) auf einer Bewertungs-/Ansatzkorrektur i. S. d. § 5 Abs. 7 Satz 3 EStG[15]

beruhen.[16]

 

Rz. 13

 

Beispiel[17]

An der A/B-OHG sind die Gesellschafter A und B zu je 50 % beteiligt. Auf der Aktivseite der Bilanz der Gesellschaft befinden sich die Posten "Grund und Boden" i. H. v. 50.000 EUR, "Gebäude" i. H. v. 150.000 EUR sowie "sonstige Aktiva" i. H. v. 300.000 EUR. Das Kapitalkonto des B beträgt zum 31.12.01 100.000 EUR.

 
Aktiva Bilanz A/B-OHG zum 31.12.01 Passiva
Grund und Boden 50.000 EUR Kapitalkonto A 100.000 EUR
Gebäude 150.000 EUR Kapitalkonto B 100.000 EUR
Sonstige Aktiva 300.000 EUR Sonstige Passiva 300.000 EUR
  500.000 EUR   500.000 EUR

B verkauft am 31.12.01 seinen Geschäftsanteil an den eintretenden C gegen Zahlung von 250.000 EUR. Der das Kapitalkonto (= Anschaffungskosten) übersteigende Mehrbetrag i. H. v. 150.000 EUR dient zum Ausgleich von im Betriebsvermögen vorhandenen stillen Reserven sowie eines Geschäfts- oder Firmenwertes.

Der ausscheidende B wird den Veräußerungsgewinn i. H. v. 250.000 EUR ./. 100.000 EUR = 150.000 EUR gem. § 16 EStG zu versteuern haben. Der hinzutretende Gesellschafter C hat Anschaffungskosten i. H. v. 250.000 EUR. Das Kapitalkonto in der Bilanz kann jedoch nicht verändert werden, sondern weist unverändert einen Betrag i. H. v. 100.000 EUR aus. Ohne eine Korrektur durch eine Ergänzungsbilanz würde dies bei nochmaliger Veräußerung seitens des C an einen Dritten zu einer...

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