Rz. 15

Die Verteilung der Mehraufwendungen auf die einzelnen Wirtschaftsgüter wird gem. der sog. Stufentheorie vollzogen, welche maßgeblich auf die Rechtsprechung des BFH zurückgeführt werden kann.[1] In ihrer Reinform, wie sie durch Schmidt geprägt wurde,[2] werden in einer 1. Stufe zunächst nur die stillen Reserven in den bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern aufgedeckt; die stillen Reserven sind dabei gleichmäßig[3] und nach objektiven Gesichtspunkten[4] auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen. Uneinig ist man sich, wie diese Verteilung zu erfolgen hat – in Schrifttum und Rechtsprechung werden vor allem das Verhältnis der in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven[5] und das Verhältnis der Teilwerte[6] erwähnt.[7] Es ist der Meinung Meyerings zu folgen, der die Aufteilung im Verhältnis der stillen Reserven als unzulässig ansieht.[8]

Wenn alle stillen Reserven in den bilanzierten materiellen und immateriellen Vermögenswerten aufgedeckt worden sind, jedoch der insgesamt vorhandene Aufdeckungsbetrag höher ist, sind – in einer 2. Stufe – die stillen Reserven aus den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden, aber nicht bilanzierten Wirtschaftsgütern, wie bspw. selbst erstellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, – ebenfalls gleichmäßig – aufzudecken.[9] Ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert wird erst in einem 3. Schritt berücksichtigt, falls weiterhin Aufdeckungspotenzial vorhanden ist.[10] Die einzelnen Stufen bilden eine Kette widerlegbarer Vermutungen, die darin besteht, dass für das Kapitalkonto nur ein Mehrpreis wegen im Gesellschaftsvermögen enthaltenen stillen Reserven oder eines originären Geschäfts- oder Firmenwerts entrichtet wurde.[11] Im Falle der Widerlegung kann der Mehrbetrag direkt als Betriebsausgabe abgezogen werden.[12] Dies könnte bspw. dann der Fall sein, wenn nachgewiesen wird, dass der ausgeschiedene Gesellschafter lästig und der Kaufpreis nur zum Zwecke seines Austritts so hoch war.[13] Eine Aufdeckung unterbleibt außerdem bei außerbetrieblich veranlassten Mehraufwendungen.[14]

In der Literatur wird auch die Anwendung der sog. modifizierten Stufentheorie befürwortet, nach der die ersten beiden Stufen zu einer ersten Stufe zusammengefasst werden.[15] Die modifizierte Stufentheorie ist insb. dann zu präferieren, wenn die nicht bilanzierten Wirtschaftsgüter eine geringere Abschreibungsdauer als die bilanzierten Wirtschaftsgüter besitzen.[16] Daneben existiert noch die sog. Gleichverteilungstheorie, die auf Siegel zurückzuführen ist.[17]

In diesem Rahmen sollen alle erworbenen bilanzierungspflichtigen Wirtschaftsgüter sowie der originäre Geschäfts- oder Firmenwert gleichmäßig, im Verhältnis der Teilwerte,[18] aufgeteilt werden.[19] Dies erfolgt innerhalb einer Stufe.[20]

Übersteigt der Gesamtbewertungswert den Gesamtkaufpreis, verzeichnet die Gleichverteilungstheorie abweichende Resultate im Vergleich zu den zuvor dargestellten Ausprägungen der Stufentheorie.[21] Dem Schrifttum folgend, ist die Gleichverteilungstheorie abzulehnen.[22] Die Fortschreibung positiver Ergänzungsbilanzen erfolgt ohne Bindung an die Vorgehensweise in der Gesamthandsbilanz.[23]

 

Rz. 16

 
Praxis-Beispiel

Es gelte der Ausgangssachverhalt in Rz. 13: B verkauft seinen Kapitalanteil an C zu 250.000 EUR.

Die bilanzierten Wirtschaftsgüter enthalten stille Reserven i. H. v. 200.000 EUR (Grund und Boden: 120.000 EUR, Gebäude: 80.000 EUR). Außerdem ist selbst erstellte Software i. H. v. 50.000 EUR vorhanden, die aufgrund des Aktivierungsverbots für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens des § 5 Abs. 2 EStG bisher nicht aktiviert worden war.

In der Bilanz der OHG wird das Kapitalkonto des B i. H. v. 100.000 EUR auf den C übertragen. Der Differenzbetrag von 150.000 EUR wird in der Ergänzungsbilanz des B anteilig auf die bilanzierten Wirtschaftsgüter, die stille Reserven enthalten, auf die nicht bilanzierten Wirtschaftsgüter und auf den Geschäfts- oder Firmenwert verteilt.

 
Aktiva Bilanz A/C-OHG zum 31.12.01 Passiva
Grund und Boden 50.000 EUR Kapitalkonto A 100.000 EUR
Gebäude 150.000 EUR Kapitalkonto C 100.000 EUR
Sonstige Aktiva 300.000 EUR Sonstige Passiva 300.000 EUR
  500.000 EUR   500.000 EUR
 
Aktiva Positive Ergänzungsbilanz C zum 31.12.01 Passiva
Mehrwerte für   Mehrkapital C 150.000 EUR
Grund und Boden 60.000 EUR    
Gebäude 40.000 EUR    
Software 25.000 EUR    
Geschäfts- oder Firmenwert 25.000 EUR    
  150.000 EUR   150.000 EUR
 

Rz. 17

 
Praxis-Beispiel

Es sei angenommen, dass der im obigen Beispiel gezahlte Kaufpreis nur 180.000 EUR beträgt. Die über den Buchwert des Kapitalkontos hinaus gezahlten 80.000 EUR sind nach der Stufentheorie vorrangig zur Aufdeckung der anteiligen stillen Reserven in den bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern zu verwenden. Die Aufteilung der stillen Reserven in Stufe 1 erfolgt im Verhältnis der Teilwerte. Da der Gesamtbetrag der in den bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschafts...

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