Leitsatz

Mehrere innerhalb von 10 Jahren von der selben Person durch Schenkung und/oder Erbschaft anfallende Vermögensvorteile werden in der Weise zusammen gerechnet, daß dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den so ermittelten Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre (§ 14 Abs. 1 ErbStG). Durch diese Regelung soll lediglich verhindert werden, daß mehrere Teil erwerbe gegenüber einem einheitlichen Erwerb erbschaftsteuerlich begünstigt werden.

Die Vorschrift ändert jedoch nichts daran, daß die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefaßt, noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines 10-Jahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG trifft lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des 10-Jahreszeitraums festzusetzen ist.

Im Streitfall hatte ein Vater (Erblasser) in 1985 seinem Sohn ein zinsloses Darlehen in Höhe von 150.000 DM mit einer 10jährigen Laufzeit (bis zum 1. 10. 1995) überlassen. Nach dem Tode des Vaters (1990) ging dessen Darlehensforderung gegen seinen Sohn auf diesen als Erben über und erlosch im Hinblick auf die Vereinigung von Forderung und Schuld (§ 10 Abs. 3 ErbStG). Bei der Erbschaftsteuerveranlagung setzte das Finanzamt den Erwerb der Darlehensforderung (150.000 DM) mit dem auf den Zeitpunkt des Erbfalls (1990) abgezinsten Wert von 120.276 DM an. Dem Erwerb von Todes wegen wurde zusätzlich als sog. Vorerwerb das Recht des Erblassers auf unentgeltliche Nutzung des Kapitals in Höhe von 47.443 DM hinzugerechnet. Dabei legte das Finanzamt der Bewertung der Nutzung die vereinbarte Laufzeit (bis zum 1. 10. 19 95 ) zugrunde. Infolge Zusammenrechnung beider Vermögenserwerbe ergab sich somit ein Betrag von 167.719 DM und damit ein höherer Wert als der der zugewendeten Darlehenssumme von 150.000 DM.

Dem Begehren des Erben, die unentgeltliche Nutzung der Darlehenssumme und deren nachfolgenden Erwerb mit insgesamt nur 150.000 DM in die Bemessungsgrundlage für die → Erbschaftsteuer einzubeziehen, gab der BFH in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 12. 7. 1979, II R 41/77, BStBl 1979 II S. 740) nicht statt. Der BFH entschied: Bei der Berechnung der Erbschaftsteuer gem. § 14 ErbStG sind mehrere Vermögensvorteile, die innerhalb von 10 Jahren von derselben Person dadurch anfallen, daß jemand zunächst das Recht auf unentgeltliche Nutzung eines Gegenstandes und danach den der Nutzung unterliegenden Gegenstand erwirbt, bei der Zusammenrechnung der Erwerbe mit den ihnen jeweils zukommenden Werten auch dann anzusetzen, wenn die Summe der Werte höher ist als der Wert des Gegenstandes.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 07.10.1998, II R 64/96

Hinweise:

Eltern können ihren Kindern Geldmittel zur Gründung einer eigenen Existenzgrundlage oder aber auch zum Erwerb eines Eigenheims in unterschiedlicher Weise überlassen, nämlich unentgeltlich, entgeltlich oder auch teilentgeltlich. Welcher Weg sich im einzelnen Fall empfiehlt, hängt nicht nur von steuerlichen Erwägungen ab, sondern muß unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die Sicherung des Geldgebers und der Familienstand der Beteiligten (Wahl und Verhältnis zum Partner des Kindes) werden insbesondere von Bedeutung sein. Steuer rechtlich sind neben schenkung- und erbschaftsteuerlichen Erwägungen insbesondere auch die einkommensteuerlichen Auswirkungen zu bedenken (Sparerfreibetrag beim Geldgeber, möglicherweise Werbungskosten/ Betriebsausgabenabzug für etwaige Zinsen beim Empfänger des Geldbetrages, die unterschiedliche Tarifprogression bei den Beteiligten). Daß bei der Erbschaftsteuer mehr als der Substanzwert der überlassenen Forderung besteuert wird, was bei dem der vorstehend mitgeteilten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt unbefriedigend ist, kann z. B. durch Vereinbarung eines – verzinslichen – Darlehens vermieden werden. Werden dem Kind Mittel zum Erwerb eines Eigenheims zur Verfügung gestellt, wird sich häufig der Weg der sog. mittelbaren Grundstücksschenkung anbieten ( → Grundstücksübertragung auf Angehörige ).

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