2.2.2.1 Allgemeines

Die Bewertung des Vermächtnisses bei der belasteten Person erfolgt grundsätzlich korrespondierend zum Vermächtnisnehmer.[1]

[1] Gottschalk, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 ErbStG Rz. 177, Stand: 10. Juli 2023.

2.2.2.2 Geldsummenvermächtnis

Die beschwerte Person kann bei einem Geldsummenvermächtnis den Nennwert des Geldes abziehen.[1]

Wird dem Bedachten an Erfüllungs Statt ein Grundstück übereignet, ändert dies nichts am Ansatz der Vermächtnisschuld, d. h. auch hier ist der Nennwert des Geldes maßgebend.

 
Praxis-Beispiel

Ansatz der Vermächtnisschuld

Erblasserin E hat im Testament festgelegt, dass ihre Tochter T Alleinerbin sein soll. Dem Enkel EN hat E ein Geldvermächtnis i. H. v. 250.000 EUR vermacht. Nach dem Tod von E am 1.10.2023 vereinbaren T und EN, dass EN statt dem Geld ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück aus dem Nachlass erhalten soll. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 450.000 EUR und der steuerliche Grundstückswert 420.000 EUR.

Im Nachlass wird das Grundstück mit dem Steuerwert erfasst. Die Vermächtnislast für T beläuft sich trotz der Grundstücksübertragung auf 450.000 EUR, d. h. Nennwert des Geldvermächtnisses. Den gleichen Betrag hat auch EN zu versteuern (siehe 2.2.2).

Für den Enkel EN ergibt sich damit die folgende Steuerberechnung:

 
Vermächtnis 450.000 EUR
abzüglich persönlicher Freibetrag[2] ./. 200.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 250.000 EUR
Erbschaftsteuer[3] 37.500 EUR

Für EN ergibt sich mithin Erbschaftsteuer i. H. v. 37.500 EUR.

Soll das Vermächtnis durch den Verkauf eines Gegenstandes aus dem Nachlass erfüllt werden, ist ebenfalls der Nennwert maßgebend.[4]

[1] Gottschalk, in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 ErbStG Rz. 177, Stand: 10. Juli 2023.
[4] BFH, Urteil v. 23.8.1961, II R 97/61 U, BStBl 1961 III S. 504.

2.2.2.3 Kaufrechtsvermächtnis

Wurde ein Kaufrechtsvermächtnis angeordnet, ergibt sich für den belasteten Erben die für ihn abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit[1] i. H. d. Differenz des Verkehrswerts des Gegenstandes und des erhaltenen Kaufpreises.[2]

 
Praxis-Beispiel

Kaufrechtsvermächtnis

Der Erblasser E hat seinen Sohn S zum Alleinerben eingesetzt. Des Weiteren hat E testiert, dass seine Nichte N das sich im Nachlass befindende Grundstück für einen Kaufpreis i. H. v. 450.000 EUR erwerben kann. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 560.000 EUR und der Grundstückswert 520.000 EUR. E verstirbt am 1.9.2019.

Lösung

Der Nichte N wurde durch den Erblasser E ein Kaufrechtsvermächtnis eingeräumt, d. h. sie hat das Recht, das Grundstück für einen Kaufpreis i. H. v. 450.000 EUR zu erwerben.

Für den Sohn S ist zunächst das Grundstück mit dem Grundstückswert i. H. v. 520.000 EUR zu erfassen. Des Weiteren ergibt sich für ihn durch das Kaufrechtsvermächtnis die folgende Nachlassverbindlichkeit.

 
Verkehrswert Grundstück 560.000 EUR
abzüglich zu zahlender Kaufpreis ./. 450.000 EUR
abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit[3] 110.000 EUR
Insgesamt ergeben sich bei S die folgenden Auswirkungen:  
Ansatz des Grundstücks (Grundstückswert) 520.000 EUR
abzüglich Nachlassverbindlichkeit ./. 110.000 EUR
Auswirkung (hinsichtlich des Vermächtnisses) 410.000 EUR
[2] Loose, Erbschaftsteuer, 5. Aufl. 2022, B44.

2.2.2.4 Nießbrauchsvermächtnis

Die mit dem Nießbrauchsvermächtnis belastete Person kann den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts abziehen.[1] Der Kapitalwert berechnet sich dabei wie beim Vermächtnisnehmer nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. §§ 1316 BewG.[2] Der Vervielfältiger ergibt sich hierbei aus dem BMF, Schreiben vom 14.11.2022.[3]

Diese sind für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2023 anzuwenden.

Für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2024 ergeben sich die Vervielfältiger aus dem Schreiben vom 1.12.2023.[4]

[2] S. Tz. 37 der Gleichlautenden Ländererlasse v. 9.9.2022, BStBl 2022 I S. 1351.

2.2.2.5 Rentenvermächtnis

Die mit dem Rentenvermächtnis belastete Person kann den Kapitalwert der Rente abziehen (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). Der Kapitalwert berechnet sich dabei wie beim Vermächtnisnehmer nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. §§ 1315 BewG.[1]

[1] S. Tz. 37 der Gleichlautenden Ländererlasse v. 9.9.2022, BStBl 2022 I S. 1351.

2.2.2.6 Sachvermächtnis

Auch für die Vermächtnislast gilt zunächst das gleiche wie für die Bewertung beim Vermächtnisnehmer. Ist das Vermächtnis auf ein Grundstück gerichtet, so ist dieses zunächst bei der beschwerten Person mit dem Grundstückswert zu erfassen.[1] Wird das Vermächtnis erfüllt, kann der Erbe die Vermächtnislast als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abziehen. Die Bewertung ist ebenfalls mit dem Steuerwert, d. h. bei einem Grundstück mit dem Grundstückswert vorzunehmen.

 
Praxis-Beispiel

Abzug eines Sachvermächtnisses

Vater V hat seine Tochter T zur Alleinerbin eingesetzt. Für den Neffen hat V in seinem Testament angeordnet, dass dieser ein unbebautes Grundstück im Wege des Sachvermächtnisses erhalten soll (Steu...

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