Fraglich war bis zur Änderung durch das sog. Wachstumschancengesetz,[1] ob das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt.

Der BFH hat dies mit Urteil vom 23.11.2022 verneint. Die beschränkte Steuerpflicht setze den Erwerb von Inlandsvermögen i. S. des § 121 BewG voraus. Durch Vermächtnis erwerbe der Vermächtnisnehmer jedoch nur einen Anspruch auf Übertragung eines inländischen Grundstücks. Dieser sei ausdrücklich nicht das inländische Grundstück, sondern vielmehr der schuldrechtliche Sachleistungsanspruch auf Verschaffung von Eigentum an diesem Grundstück. Bei diesem Anspruch handele es sich weder um inländisches Grundvermögen i. S. des § 121 Nr. 2 BewG, noch sei der Anspruch einer der anderen in § 121 BewG abschließend aufgezählten Kategorien zuzuordnen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Vermächtnis an inländischem Grundbesitz

Tante T ist am 1.4.2023 verstorben. Die Erblasserin T hatte ihrer Nichte N ein Vermächtnis über einen Anteil an einem im Inland belegenen Grundstück zugewandt. Weder die die Erblasserin noch N verfügten in der Bundesrepublik Deutschland über einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt.

Lösung

Für Nichte N unterliegt der durch Vermächtnis erworbene Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsanteils an dem inländischen Grundstück nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG iVm § 121 Nr. 2 BewG.

Der Gesetzgeber hat hierzu nun im Wachstumchancengesetz[3] eine Änderung im § 2 ErbStG vorgenommen.[4] Durch diese unterliegt der Erwerb von Inlandsvermögen durch Vermächtnis der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Anzuwenden ist die Änderung auf Erwerbe, für die die Steuer nach dem 27.3.2024 entsteht.[5]

Nach der Gesetzesbegründung soll hierdurch die vor der oben genannten Entscheidung des BFH herrschende Rechtsanwendung wiederhergestellt und eine sich aufgrund der Rechtsprechung ergebende Besteuerungslücke geschlossen werden.

 
Praxis-Beispiel

Vermächtnis an inländischem Grundbesitz

Tante T ist am 1.4.2024 verstorben. Die Erblasserin T hatte ihrer Nichte N ein Vermächtnis über einen Anteil an einem im Inland belegenen Grundstück (das nicht zu Wohnzwecken genutzt wird) zugewandt. Weder die Erblasserin noch N verfügten in der Bundesrepublik Deutschland über einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt.

Lösung

Die Nichte N ist mit dem Vermächtnis in Deutschland beschränkt steuerpflichtig.

[1] BGBl. 2024 I Nr. 108 v. 27.3.2024.
[3] BGBl. 2024 I Nr. 108 v. 27.3.2024.
[4] In § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG werden nach dem Wort "besteht" die Wörter "oder einen Anspruch auf Übertragung von Inlandsvermögen i. S. des § 121 BewG umfasst" eingefügt.

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