3.1 Allgemeines

§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sieht eine Steuerbefreiung für Grundbesitz, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive vor. Die Befreiung kann entweder 60 % betragen, bzw. es kommt auch eine vollständige Befreiung in Betracht. Dies hängt von bestimmten Voraussetzungen ab. Der Prozentsatz von 60 % wurde für Grundbesitz und für Teile von Grundbesitz ab 2009 auf 85 % angehoben.

3.2 Nachweise gegenüber dem Finanzamt

Das Finanzamt verlangt vom Steuerpflichtigen bestimmte Nachweise:[1]

1. Für bewegliche Gegenstände, deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegen: Es wird die Vorlage eines Verzeichnisses der Gegenstände unter Angabe ihres Werts verlangt

2. Die Erhaltung von Grundbesitz, Teilen von Grundbesitz oder beweglichen Gegenständen wegen der Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft liegt im öffentlichen Interesse und Nutzbarmachen von solchem Grundbesitz, solcher Teile von Grundbesitz oder solchen beweglichen Gegenstände in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder Volksbildung: Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde

3.3 Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Höhe nach

Eine 60 %ige bzw. 85 %ige Steuerbefreiung kommt unter den folgenden Voraussetzungen zur Anwendung:

  1. Die Erhaltung dieser Gegenstände muss wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegen.
  2. Die Gegenstände sind oder werden in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht.
  3. Die jährlichen Kosten übersteigen i. d. R. die Einnahmen.

Die Finanzverwaltung verlangt zudem, dass sich die Gegenstände im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums befinden und dort auch verbleiben.[1] Hierbei gehören zum Europäischen Wirtschaftsraum: die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.[2]

Hierbei gilt es noch Folgendes zu beachten.[3]

Ab dem 1.1.2021 wird das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) nicht mehr als Mitgliedsstaat der Europäischen Union behandelt.

Dadurch ergibt sich Folgendes:

  1. Erwerb eines o. a. Gegenstandes, der sich im Vereinigten Königreich befindet, mit einer Steuerentstehung vor dem 1.1.2021:

    Es handelt sich um einen nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigten Erwerb.

  2. Erwerb eines o. a. Gegenstandes, der sich im Vereinigten Königreich befindet, mit einer Steuerentstehung nach dem 31.12.2020:

    Es handelt sich um keinen nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG begünstigten Erwerb.

[1] R E 13.2 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2019.
[2] H E 13.2 ErbStH 2019.

3.4 Voraussetzungen für die vollständige Steuerbefreiung

Eine vollständige Steuerbefreiung kommt unter den folgenden Voraussetzungen zur Anwendung:

Es sind zum einen die Voraussetzungen für die 85 %ige Steuerbefreiung erfüllt nach § 13 Abs. 1 Nr. 2b ErbStG. Darüber hinaus:

  • ist der Erwerber bereit, die Gegenstände gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2b Buchst. aa ErbStG den Bestimmungen der Denkmalpflege zu unterstellen und
  • die Gegenstände befinden sich nach § 13 Abs. 1 Nr. 2b Buchst. bb ErbStG entweder seit 20 Jahren im Familienbesitz oder sind im Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder national wertvoller Archive eingetragen.
  • Die zur Erlangung der vollständigen Steuerbefreiung einer Kunstsammlung erforderliche Bereitschaft des Steuerpflichtigen, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen, ist ein subjektives Tatbestandsmerkmal.[1] Auf dessen Vorliegen kann nur anhand objektiver Sachverhalte geschlossen werden. Indizwirkung für die Bereitschaft können eine Erklärung gegenüber der zuständigen Denkmalbehörde oder der Abschluss eines Leih- und Kooperationsvertrages mit einem fachlich einschlägigen Museum entfalten.

    Die Feststellungslast trägt der Steuerpflichtige.[2]

  • Ferner ist der Erwerb einer Kunstsammlung nur insoweit in vollem Umfang steuerbefreit, als sich die einzelnen zur Kunstsammlung gehörenden Gegenstände zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits mindestens 20 Jahre im Besitz der Familie befunden haben.

Hierbei sind die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a ErbStG vorab und gesondert zu prüfen. Die Bereitschaft, die Kulturgüter der Denkmalpflege zu unterstellen, kann bereits beim Erblasser oder Schenker vorgelegen haben. Es ist ausreichend, wenn sie erst vom Steuerpflichtigen erfüllt wird. Die Steuerbefreiung knüpft an den Erwerb an, die Voraussetzungen sind deshalb in jedem Fall vom Steuerpflichtigen zu erfüllen.[3]

[1] BFH, Urteil v. 12.5.2016, II R 56/14, BFH/MV 2016 S. 1385.
[2] Gleichlautende Ländererlasse v. 19.8.2020, S 3812, BStBl 2020 I, 924.
[3] Gleichlautende Ländererlasse v. 19.8.2020, S 3812, BStBl 2020 I, 924.

3.5 Begünstigte Gegenstände im Betriebsvermögen

3.5.1 Rechtslage bis zum 30.6.2016

Die Befreiung kommt nicht nur für entsprechende Gegenstände des Privat-, sondern auch des Betriebsvermögens zur Anwendung.

Befinden sich entsprechende begünstigte Wirt...

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