Das Jahressteuergesetz 2020 sieht – um einen ungerechtfertigten steuerlichen Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten zu vermeiden – folgende Änderungen für den Schuldenabzug vor.

Es werden Schulden und Lasten anteilig gekürzt, die nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen.

Dies sind z. B. Pflichtteilsverbindlichkeiten, Konsumentendarlehen, Steuerschulden oder die Pflicht des Erben zur Zahlung des Zugewinnausgleichs.[1]

Im Einzelnen ist nunmehr wie folgt vorzugehen:[2]

Es werden die Schulden und Lasten, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zugerechnet (§ 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG).

Kosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG werden hiervon ausgenommen.[3] Hierunter fallen insbesondere nachgewiesene Bestattungskosten oder der Pauschbetrag für Erbfallkosten gem. § 10 Abs. 6 Nr. 3 ErbStG.[4]

Mit § 10 Abs. 6 Satz 7 ErbStG wird der Anteil der jeweiligen Schuld oder Last bestimmt, der dem einzelnen Vermögensgegenstand zugerechnet wird.

Hierbei bemisst sich der Anteil nach dem Verhältnis des Werts des jeweiligen Vermögensgegenstands nach Abzug der mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten zum Gesamtwert der Vermögensgegenstände nach Abzug aller mit diesen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten.

 
Hinweis

Vereinfachungsregel

Aus Vereinfachungsgründen können Vermögensgegenstände, die keiner Steuerbefreiung unterliegen sowie die mit diesen Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten bei der Berechnung zusammengefasst werden.[5]

Bei einer Steuerbefreiung nach §§ 13a und 13c ErbStG ist bei der Aufteilung der wirtschaftlich nicht direkt zurechenbaren Schulden nicht auf den einzelnen Vermögensgegenstand, sondern auf die Summe des begünstigten Vermögens abzustellen, da die Steuerbefreiung auf den Gesamtbetrag des begünstigten Vermögens gewährt wird .[6]

Dagegen führt ein Erlass nach § 28a Abs. 1 ErbStG nicht zu einer Beschränkung des Abzugs wirtschaftlich nicht einzeln zurechenbarer Schulden bei der Ermittlung des verfügbaren Vermögens.[7]

Gem. § 10 Abs. 6 Satz 9 ist der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten begrenzt, soweit der Vermögensgegenstand steuerfrei ist.

Nach § 10 Abs. 6 Satz 10 ErbStG ist der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten bei einer Steuerbefreiung nach den §§ 13a und 13c ErbStG begrenzt, soweit für das begünstigte Vermögen eine Steuerbefreiung gewährt wird.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel zum Schuldenabzug bei § 13a ErbStG (angelehnt an die Gesetzesbegründung)

Die Großmutter GM hat in ihrem Testament ihre Enkelin EN zur Alleinerbin eingesetzt. Damit wurde die Tochter T von GM enterbt. GM verstirbt im Juli 2023. Die Tochter T macht im Januar 2024 ihren Pflichtteilsanspruch geltend, dieser beträgt 1.250.000 EUR. Auf die Besteuerung der T soll in diesem Beispiel aus Vereinfachungsgründen nicht eingegangen werden.

Der Nachlass der Großmutter GM setzt sich aus folgenden Nachlassgegenständen und Schulden zusammen:

1) Wert der Nachlassgegenstände

 

a) Anteile an einer GmbH

(vollständig nach § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen)
1.500.000 EUR

b) Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft

(vollständig nach § 13a ErbStG begünstigtes Vermögen)
+500.000 EUR
c) Steuerwert Grundbesitz (nicht begünstigt) +1.700.000 EUR
d) Bankguthaben +1.500.000 EUR
Summe des Wertes der Nachlassgegenstände 5.200.000 EUR

2) Wert der Nachlassverbindlichkeiten

 
a) Schuld aus der Anschaffung der GmbH-Anteile 400.000 EUR
b) Schuld aus der Anschaffung des Grundbesitzes +600.000 EUR
c) Konsumentendarlehen +350.000 EUR
d) Pflichtteilsverbindlichkeit +1.250.000 EUR
e) Beerdigungskosten +10.500 EUR
Summe der Nachlassverbindlichkeiten 2.610.000 EUR

Lösung

Die Enkelin EN hat ihren Erwerb als Alleinerbin gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Besteuerung zu unterwerfen. Hierbei kann die Pflichtteilsverbindlichkeit und das Konsumentendarlehen nicht uneingeschränkt abgezogen werden. Vielmehr sind die Neuregelungen des § 10 Abs. 6 Satz 5 ff. ErbStG zu beachten. Die Beerdigungskosten sind hingegen voll abzugsfähig. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG. Die Beerdigungskostenpauschale ist geringer.

Dabei ist die Berechnung der Bereicherung wie folgt vorzunehmen:

  1. Wirtschaftlich zuzuordnende Schulden nach § 10 Abs. 6 Satz 7 ErbStG
 

a) Nettowert des nach § 13a ErbStG begünstigten Vermögens

(1.500.000 EUR + 500.000 EUR=) 2.000.000 EUR ./. 400.000 EUR)
1.600.000 EUR

b) Nettowert des anderen Vermögens

(3.200.000 EUR ./. 600.000 EUR=);

anderes Vermögen ist hier der Grundbesitz und das Bankguthaben
+2.600.000 EUR
Summe 4.200.000 EUR

2) Aufteilung der Pflichtteilslast und des Konsumentendarlehens

(1.250.000 EUR + 350.000 EUR) = 1.600.000 EUR

Die Summe ist nun wie folgt aufzuteilen:

 

a) auf das nach § 13a ErbStG begünstigte Vermögen:

1.600.000 EUR x 1.600.000 EUR/4.200.000 EUR =
609.523 EUR

b) das andere Vermögen:

1.600.000 EUR x 2.600.000 ...

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