3.1 Alleinerbe und Einzelunternehmen

 

Rz. 9

Der Alleinerbe ist Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers, der Nachlass geht unmittelbar auf ihn über. Dieser Grundsatz gilt auch für die Einkommensteuer.

Gehört zum Nachlass ein Gewerbebetrieb (Einzelunternehmen) so sind die Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Erben nicht als Folge der Gesamtrechtsnachfolge (§ 24 Nr. 2 EStG), sondern als eigene Einkünfte (vom Todestag an) zuzurechnen. Er wird Unternehmer. Will er das Einzelunternehmen nicht weiterführen und verkauft es, so entstehen bei ihm Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Veräußerungsgewinn oder -verlust). Entsprechendes gilt für die Betriebsaufgabe.

Das gilt auch, wenn der Erblasser Freiberufler (Steuerberater) war. Kann der Erbe die Praxis nicht fortführen, weil er keine entsprechende Qualifikation hat, so sind die von ihm vereinnahmten Honorare des Erblassers freiberufliche Einkünfte (§ 24 Nr. 2 EStG); das gilt auch für die Praxisveräußerung. Lässt der Erbe jedoch die Praxis von einem anderen Freiberufler weiterführen, erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Entsprechendes gilt bei Verpachtung der geerbten Praxis.

Rechnungsmäßig hat der Erbe die Buchwerte des Gewerbebetriebes des Erblassers fortzuführen, da der Erbfall ein unentgeltlicher Vorgang ist (§ 6 Abs. 3 EStG).

3.2 Erbengemeinschaft

 

Rz. 10

Sowohl für den Bereich des Betriebsvermögens als auch für den Bereich des Privatvermögens bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung keine rechtliche Einheit. Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, geht sein Vermögen mit dem Tod im Ganzen auf die Erben über und wird bei ihnen zu gemeinschaftlichem Vermögen. Die Miterben verwalten den Nachlass gemeinsam und können über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen. Die Erbengemeinschaft kann unbegrenzt bestehen bleiben. Das Ergebnis ihrer Betätigung wird Bestandteil des gemeinschaftlichen Vermögens.

Gehört ein gewerbliches Unternehmen zum Nachlass, geht es mit dem Erbfall auf die Erbengemeinschaft über (§ 1922 BGB). Grundsätzlich werden sämtliche Miterben – abgesehen von bestimmten Sonderfällen, z. B. Auflösungsklausel bei gesellschaftsrechtlicher Erbfolge – Mitunternehmer i. S .v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Aufgrund ihrer Stellung als Miterben tragen sie ein Mitunternehmerrisiko und können Mitunternehmerinitiative entfalten. Diese Beurteilung hängt nicht von der Länge des Zeitraums ab, in dem die Erbengemeinschaft das Unternehmen weiterführt. Auch wenn die Erben ein Unternehmen frühzeitig nach dem Erbfall abwickeln und einstellen oder es auf eine andere Person übertragen, haben sie zunächst die Eigenschaft von Mitunternehmern erlangt und behalten diese bis zur Betriebsbeendigung oder Auseinandersetzung über den Betrieb. Als solche beziehen die Erben ihre Einkünfte kraft eigener Verwirklichung des Einkünftetatbestands. Die laufenden Einkünfte sind den einzelnen Miterben als Mitunternehmern nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, der sich bei den Miterben grundsätzlich nach ihren Erbteilen bestimmt (§ 2038 Abs. 2 BGB, § 743 Abs. 1 BGB).[1]

3.3 "Alleinerbe" bei mehreren Erben

 

Rz. 11

Bei mehreren Erben (Kindern) kann der Unternehmer-Vater ein bestimmtes Kind (testamentarisch) zum Alleinerben bestimmen.

 
Praxis-Beispiel

Der verwitwete Unternehmer U, der einen Sohn (S) und eine Tochter (T) hat, hat testamentarisch bestimmt, dass S Alleinerbe wird, weil bei ihm die berufliche Qualifikation vorhanden ist.[1] Zum finanziellen (vermögensmäßigen) Ausgleich belastet er S zugunsten von T mit einem Vermächtnis.

Die Erfüllung eines Vermächtnisses durch den beschwerten Erben S stellt i. d. R. kein Entgelt für den Erwerb des Erbteils dar und führt bei ihm daher nicht zu Anschaffungskosten. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn ein Sachvermächtnis ausgesetzt wird. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden, ob das Sachvermächtnis ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens betrifft, das entnommen werden muss, oder ob das Sachvermächtnis sich auf einen ganzen Betrieb bezieht.

 

Rz. 12

Betrifft das Sachvermächtnis ein Wirtschaftsgut, so führt dies zur Entnahme dieses Wirtschaftsgutes. Das gilt auch dann, wenn dieses Wirtschaftsgut bei T Betriebsvermögen wird. Die Entnahme hat nicht T zu versteuern, vielmehr ist der Entnahmegewinn dem S zuzurechnen.

 
Praxis-Beispiel

Erblasser U, der 2 Kinder S und T hat, setzt testamentarisch S zum Alleinerben ein und belastet ihn mit dem Vermächtnis, T ein Betriebsgrundstück zu übertragen. Der Nachlass besteht aus einem Gewerbebetrieb. In Erfüllung eines Vermächtnisses überträgt S auf T ein Betriebsgrundstück, dessen Teilwert 500 EUR und dessen Buchwert 200 EUR beträgt.

S hat nach § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte des U fortzuführen. Er erzielt bei der Übertragung des Grundstücks auf T einen laufenden Entnahmegewinn i. H. v. 300 EUR, und zwar auch dann, wenn das Grundstück bei T ins Betriebsvermögen übernommen werden sollte.

 

Rz. 13

Sofern das Sachvermächtnis sich auf einen ganzen Betrieb bezieht, erzielt der Alleinerbe keinen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. Der Verm...

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