Leitsatz

Wird der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH zur Vermeidung einer Kündigung aufgelöst und erhält der Geschäftsführer in diesem Zusammenhang eine Abfindung, ist diese auch dann eine tarifbegünstigte Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, wenn die GmbH Gesellschafter-Geschäftsführerin einer Mitunternehmerschaft und der Geschäftsführer deren minderheitsbeteiligter Mitunternehmer ist.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 und 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Geschäfte zweier Komplementär-GmbHs führte ein an Kommanditanteilen der beiden KGs jeweils mit 4 % unterbeteiligtes Mitglied der Unternehmerfamilie. Nach Meinungsverschiedenheiten über die Geschäftsführung wurden die Anstellungsverträge aufgehoben. Als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlten die beiden KGs dem Geschäftsführer im gleichen Jahr jeweils 275 000 DM. Außerdem wurden für die beiden folgenden Jahre Beraterverträge abgeschlossen.

Der Geschäftsführer machte beim FA vergeblich den ermäßigten Steuersatz für die Abfindung geltend. Auch das FG hielt die Abfindung nicht für tarifbegünstigt (FG Münster, Urteil vom 13.09.2006, 10 K 6336/04 F, Haufe-Index 1614855, EFG 2006, 1909).

 

Entscheidung

Der BFH war anderer Meinung. Die Abfindung erfülle den Begriff der Entschädigung i.S.d. § 24 Abs. 1 Buchst. a EStG. Trotz der Behandlung als Sondervergütung im Rahmen der mitunternehmerisch erzielten Einkünfte sei die Entschädigung hinreichend von den laufenden Einkünften abgrenzbar. Es handle sich wegen der Zusammenballung in einem Jahr auch um außerordentliche Einkünfte.

 

Hinweis

1. Bereits seit langem ist geklärt, dass tarifbegünstigte Entschädigungen wegen entgehender oder entgangener Einnahmen auch im Rahmen gewerblicher Einkünfte vorkommen können. So wurde als Entschädigung etwa eine Abfindung beurteilt, die ein Unternehmer mit langfristigem Mietvertrag vom Vermieter für die Zustimmung zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietvertrags erhielt, nachdem er zuvor vom Vermieter erheblich unter Druck gesetzt worden war.

2. Besonderheiten sah der BFH allerdings bei Abfindungen, die an einen Mitunternehmer gezahlt werden. Im Hinblick auf die sog. Gleichstellungsthese, nach der Mitunternehmer und Einzelunternehmer gleich behandelt werden sollen, erkannte der BFH einem bisher für seine KG tätigen Kommanditisten die ehemalige Steuerbefreiung für Entlassungsentschädigungen nach § 3 Nr. 9 EStG a.F. nicht zu. Denn weil der Einzelunternehmer keine Verträge mit sich selbst abschließen könne, komme auch keine steuerfreie Abfindung für seine Arbeitsleistung in Betracht (BFH, Urteil vom 23.04.1996, VIII R 53/94, Haufe-Index 65812, BStBl II 1996, 515).

Dieser Begründung folgt das hiesige Urteil zwar im Grundsatz. Es verweist aber darauf, dass ein Einzelunternehmer Verträge mit einer GmbH abschließen könne, insbesondere natürlich Geschäftsführungsverträge. Werde eine Entschädigung im Zusammenhang mit der Aufhebung des Geschäftsführungsvertrags gezahlt, stehe ihm also die Tarifbegünstigung für die Entschädigung zu. Nicht anders sei der Fall zu beurteilen, dass ein Mitunternehmer einen solchen Vertrag abschließe. Die Tarifbegünstigung der Entschädigung stehe ihm wie einem Einzelunternehmer zu.

3. Ungeklärt ist noch, wie der BFH im Anschluss an das hier besprochene Urteil die Abfindung eines direkt bei der Mitunternehmerschaft beschäftigten Mitunternehmers beurteilen würde. Einen solchen Vertrag könnte der Einzelunternehmer nicht abschließen. Dies spräche bei Beachtung der Gleichstellungsthese gegen eine Tarifbegünstigung. Der Mitunternehmer könnte eine Tarifbegünstigung dann nur erreichen, wenn er im Zusammenhang mit der Beendigung der Tätigkeit auch aus der Mitunternehmerschaft ausschiede. Er würde dann einen tarifbegünstigten Gewinn aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils beziehen, in den auch die Entschädigung eingehen müsste.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.06.2009 – IV R 94/06

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