Leitsatz

Bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung kann der im bisherigen Unternehmen entstandene Geschäftswert auf die neu gegründete Betriebsgesellschaft übergehen. Soweit dies der Fall ist, liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung darin, dass die Betriebs-GmbH dem bisherigen Einzelunternehmer ein angemessenes Entgelt für den übergegangenen Geschäftswert zahlt.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde mit Wirkung zum 1.1.1991 (Streitjahr) gegründet. Von ihrem Stammkapital in Höhe von 50 000 DM hielten im Streitjahr F 25 500 DM und U 24 500 DM, wobei F als Treuhänder für N – den Vater des U – handelte. Zum 2.1.1991 erwarb die Klägerin alle beweglichen materiellen Wirtschaftsgüter eines bis dahin von N geführten Einzelunternehmens (Schreinereibetrieb). Das unbewegliche Betriebsvermögen jenes Unternehmens mietete sie von N an und begründete dadurch eine Betriebsaufspaltung.

Zugleich mit der Übertragung der materiellen beweglichen Wirtschaftsgüter vereinbarte die Klägerin die Übertragung des Geschäftswerts des Einzelunternehmens. Dessen Wert setzten die Vertragsparteien mit 50 000 DM an. Das FA sah in dem entgeltlichen Erwerb des Geschäftswerts eine vGA.

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem nicht. Er hält es für möglich, dass der Geschäftswert in bestimmten WG verkörpert wird. Würden diese WG an das übernehmende Unternehmen veräußert, dann gelte dies zugleich für die geschäftswertbildenden Faktoren. Folglich könne der Geschäftswert ganz oder nur teilweise mitveräußert werden, und zwar nicht nur bei der Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern auch bei der Realteilung oder der Übertragung eines für sich lebensfähigen Betriebsteils und ebenfalls bei der Betriebsaufspaltung, vorausgesetzt die Nutzungsübertragung sei auf Dauer angelegt und das Betriebsunternehmen könne selbstständig am Wirtschaftsleben teilnehmen. Letztlich sei dies Sache des Einzelfalls.

 

Hinweis

1. Im Grundsatz gehört zum gesicherten Bestand: Der Geschäftswert eines Unternehmens ist Ausdruck der Gewinnchancen dieses Unternehmens, durch dessen Betrieb er gewährleistet wird und bei dem er (im Anlagevermögen, vgl. § 266 Abs. 2 Buchst A I Nr. 2 HGB) bis zu einem gewinnrealisierenden Vorgang steuerverhaftet bleibt. Der originäre wie der derivative Geschäftswert ist nicht selbstständig verkehrsfähig. Er "führt kein Eigenleben" (BFH, Urteil vom 14.1.1998, X R 57/93, DStR 1998, 887, unter B. I. 2.c m.w.N.). Folglich kann er isoliert gemeinhin weder veräußert noch entnommen werden, sondern nur mit einem lebenden Betrieb auf einen Erwerber übergehen oder aber auch diesem zur Nutzung überlassen werden. Das gilt nicht minder (oder sogar gerade) im Fall einer Betriebsverpachtung oder Betriebsaufspaltung (vgl. auch Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 20. Aufl., Rz 221; Reiß in Kirchhof, EStG, 1. Aufl., § 15 Rz 105).

2. Der BFH lässt es im Urteilsfall ungeachtet dieser Grundsätze zu, dass der Geschäftswert mit den betreffenden geschäftswertbildenden Faktoren ganz oder teilweise auf ein anderes Unternehmen übergeht, wenn dieses – erstens – seiner Organisation und Struktur nach eigenständig am Wirtschaftsleben teilnehmen und – zweitens – seine Nutzungsmöglichkeit auf Dauer angelegt ist und ihm nicht vorzeitig entzogen werden kann. Der BFH grenzt sich damit gegenüber der "schematischen" Lösung – dem akzessorischen "Kleben" des Geschäftswerts am Gesamtunternehmen – ausdrücklich ab, jedenfalls für den Fall, dass der Geschäftswert in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert wird. Der Geschäftswert soll dann nicht nur nutzungsweise überlassen, sondern mitveräußert werden können.

3. Im Einzelfall werden sich daraus nicht unerhebliche praktische Schwierigkeiten ergeben, muss doch künftig bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung unter teilweise entgeltlicher Übertragung von Betriebsgrundlagen stets untersucht werden, ob der Geschäftswert mit diesen Grundlagen verbunden, ob dieser tatsächlich beim Besitzunternehmen verblieben oder aber, ob er als Eigentum mitübertragen worden ist, auch dann, wenn es an einer expliziten Vereinbarung fehlt. Ggf. käme eine verdeckte Einlage in Betracht (vgl. BFH, Urteil vom 24.3.1987, I R 202/83, BStBl II 1987, 705). Betriebsaufspaltung und Betriebsveräußerung lassen sich nur noch schwer auseinanderhalten.

Die Dinge verkomplizieren sich, wenn man, wie offenbar der BFH, fortan nicht mehr von dem Geschäftswert als einen einheitlichen, unteilbaren, vielmehr von einem "gespaltenen" Geschäftswert des Betriebs (Teilbetriebs) ausgeht, der teilweise mit den übertragenen und teilweise mit den zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern verbunden sein soll, oder wenn der Geschäftswert nicht angemessen "bezahlt" und realisiert wird (Folge: teilweise verdeckte Einlage). Die Fragen, die sich hier aufdrängen, können vorerst nur kursorisch angeschnitten werden: Was ist bei Beendigung der Betriebsaufspaltung? Dann müssen die zur Nutzung überlassenen Betriebsgrundlagen zurückgegeben werden. Geht der (u.U. t...

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