Ob eine Senkung oder Anhebung des Umsatzsteuersatzes (wie sie zum 1.7.2020 bzw. 1.1.2021 auftrat[1]) eine Auswirkung auf die Höhe des Entgelts hat, kommt darauf an, wie der Preis zwischen dem Kunden und Lieferanten vereinbart worden ist. Mit privaten Endkunden wird in aller Regel eine Brutto-Preisvereinbarung getroffen, weil den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Endverbraucher letztlich einfach nur der Endpreis interessiert. Bei Geschäftsbeziehungen von Unternehmern steht dagegen – weil die Umsatzsteuer über den Vorsteuerabzug neutralisiert wird – der Nettopreis im Vordergrund, weil nur dieser als Kostenfaktor im Raum steht. Hier sind die Preislisten dann ohne Umsatzsteuer dargestellt und die Kaufverträge werden mit einer Netto-Preisvereinbarung (Nettopreis zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer) geschlossen.

Bei Netto-Preisvereinbarungen ist der Netto-Preis grundsätzlich mit dem Entgelt identisch, sodass eine Steuersatzänderung hier keine Auswirkungen hat. Dies gilt im Übrigen auch für diejenigen Fälle, in denen Entgelte (Vergütungen, Gebühren, Honorare usw.) gesetzlich vorgeschrieben sind. Dies ist insbesondere beim Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV), beim Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) der Fall. Entsprechend dem umsatzsteuerrechtlichen Entgeltsbegriff ist hier die Umsatzsteuer für die Leistungen nicht eingeschlossen. Somit werden derartige Honorare und Gebühren stets mit dem jeweils gültigen Steuersatz beaufschlagt.

Bei der Bruttopreis-Vereinbarung dagegen wird stets das Entgelt durch Anwendung des vom Gesetz vorgegebenen Steuersatz herausgerechnet. Ist also ein Brutto-Preis von 1.000 EUR vereinbart, beträgt das Entgelt bei einem Steuersatz von 19 % 840,34 EUR (100/119) und bei einem Steuersatz von 16 % 862,07 EUR (100/116).

Bei bestehenden Brutto-Preisvereinbarungen stellt sich daher in der Praxis immer die Frage, ob eine vom Gesetzgeber vorgegebene Steuersatzänderung auf den Brutto-Preis durchschlägt oder nicht und ob es gesetzliche Regelungen dazu gibt.

Grundsätzlich muss diese Frage immer auf der Grundlage der zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Kunden und dem Lieferanten beantwortet werden. So kann z. B. vereinbart worden sein, dass Ausgleichsansprüche im Falle einer Anhebung oder Absenkung des Umsatzsteuersatzes ausgeschlossen sind. Ist dies nicht der Fall, kann nach § 29 Abs. 2 UStG[2] der von der Steuersatzänderung benachteiligte Vertragsteil von dem anderen Vertragsteil einen Ausgleich verlangen, wenn die Leistung nach dem Änderungsstichtag ausgeführt wird und die Leistung auf einem Vertrag beruht, welcher mindestens 4 Monate vor dem Änderungsstichtag geschlossen worden ist. Ansonsten bietet das Gesetz keine weitere Handhabe um aus einer Steuersatzänderung eine Brutto-Preis-Anpassung zu verlangen.

[1] Befristete Steuersatzsenkung durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz (BGBl 2020 I S. 1512).

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