Leitsatz

1. Wird ein Teil des Milchlieferrechts unentgeltlich zu Gunsten der Landesreserve eingezogen, sind die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten auszubuchen.

2. Ist das eingezogene Milchlieferrecht mit dem abgespaltenen Buchwert nach § 55 Abs. 1 EStG bilanziert, werden die anteiligen Anschaffungskosten den Anschaffungskosten des Grund und Bodens, von dem sie sich ursprünglich abgespalten hatten, wieder zugerechnet.

3. Ist der Grund und Boden, von dem sich der Buchwert des Milchlieferrechts ursprünglich abgespalten hatte, nicht mehr im Betriebsvermögen vorhanden, ist der durch die Einziehung entstandene Verlust gemäß § 55 Abs. 6 Satz 1 EStG nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 55 Abs. 1 und Abs. 6 EStG, § 48 Abs. 3, § 49 Abs. 3 MilchQuotV

 

Sachverhalt

Die Klägerin unterhielt in den Streitjahren (2008 und 2009) einen landwirtschaftlichen Betrieb, den sie von ihrem Vater übernommen hat. Diesem war zum 2.4.1984 eine Milchreferenzmenge (Milchlieferrecht) zugeteilt worden. Das gesamte Milchlieferrecht, welches bis zu den Streitjahren verpachtet war, bezog sich ausschließlich auf nach § 55 Abs. 1 EStG bewerteten Grund und Boden. In der Bilanz war es mit einem davon abgespaltenen Buchwert ausgewiesen. Im Wirtschaftsjahr 2008/2009 endete das Pachtverhältnis. Die Klägerin erhielt die Milchreferenzmenge zurück. Anschließend wurden gemäß § 48 Abs. 3 MilchquotV in der in den Streitjahren gültigen Fassung 33 % des Milchlieferrechts mit Wirkung zum 1. 1.2008 entschädigungslos in die Landesreserve eingezogen. Die verbliebene Milchreferenzmenge veräußerte die Klägerin zum 1.11.2008. Im Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 buchte sie das Milchlieferrecht in voller Höhe gewinnmindernd aus.

Bei den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre berücksichtigte sie den Abgang des Milchlieferrechts nur i.H.v. 67 %. Soweit der anteilige Buchwert auf die eingezogene Milchreferenzmenge entfalle (33 %), sei er zwar auszubuchen, der dadurch entstandene Verlust unterliege aber dem Abzugsverbot des § 55 Abs. 6 EStG. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG insoweit ab (FG Münster, Urteil vom 16.6.2016, 8 K 2822/14 E, Haufe-Index 9558643, EFG 2016, 1266).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Bei dem mit der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom 25.5.1984 (BGBl I 1984, 720) eingeführten Milchlieferrecht handelt es sich um ein vom Grund und Boden abgespaltenes selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut. Die Anschaffungskosten des Grund und Bodens sind deshalb zum Teil dem Milchlieferrecht zuzuordnen.

Dazu sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten oder – wie vorliegend – der diese ersetzende Pauschalwert gemäß § 55 Abs. 1 EStG (fiktive Anschaffungskosten) im Verhältnis der am Tag der Ausfertigung der MGV (25.5.1984) für das Milchlieferrecht einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits erzielbaren örtlichen Marktpreise aufzuteilen (z.B. BFH, Urteil vom 10.6.2010, IV R 32/08, BFH/NV 2010, 2166).

2. In der Bilanz ist das Milchlieferrecht als einheitliches Wirtschaftsgut mit der Summe aller (fiktiven) Anschaffungskosten auszuweisen. Daraus folgt aber nicht, dass die bilanzierten Anschaffungskosten bei einem anteiligen Wegfall/Untergang des Milchlieferrechts erst im Zeitpunkt des vollständigen Wegfalls/Untergangs des Milchlieferrechts zu berücksichtigen wären. Denn das Milchlieferrecht ist als ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut aus der mengenmäßig bestimmten Summe der Rechte anzusehen, die der in kg bestimmten Liefermenge (Referenzmenge) zugeordnet sind. Demgemäß sind auch die (fiktiven) Anschaffungskosten der Milchlieferrechte den Liefermengen (Referenzmengen) zuzuordnen. Wird ein Milchlieferrecht nur in Höhe einer bestimmten Menge veräußert, sind die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten daher auszubuchen (vgl. BFH, Urteil vom 28.11.2013, IV R 58/10, BFH/NV 2014, 437).

3. Dies gilt ebenso, wenn ein Teil des Milchlieferrechts – wie vorliegend – nach § 48 Abs. 3 MilchquotV infolge der Beendigung eines unter § 48 Abs. 1 MilchquotV fallenden Pachtvertrags durch Einziehung in die Landesreserve ersatzlos untergeht. Auch insoweit ist der anteilige Buchwert des Milchlieferrechts im Zeitpunkt der Einziehung und nicht erst anlässlich der späteren Veräußerung des verbliebenen Milchlieferrechts auszubuchen.

4. Ob durch die anteilige Ausbuchung der Anschaffungskosten des Milchlieferrechts das Betriebsvermögen gemindert wird und dadurch ein Verlust eintritt, hängt davon ab, ob die Grundstücke, von deren Buchwert der Buchwert für das Milchlieferrecht abgespalten wurde, in den Streitjahren noch zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört.

a) Sollte dies der Fall sein, liegt keine verlustbegründende Minderung des Betriebsvermögens vor, weil der auf das eingezogene Milchlieferrecht entfallende Buchwert diesen Grundstücken wieder zuzurechnen ist.

b) Befinden sich die Grundstüc...

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