Leitsatz

Eine umfangreiche Vorplanung seitens der Veräußererseite reicht für sich allein nicht aus um anzunehmen, dass der Erwerber das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute oder unsanierte Grundstück im bebauten oder sanierten Zustand erwirbt. Hinzukommen muss, dass die auf der Veräußererseite handelnden Personen auch zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8, § 9 GrEStG

 

Sachverhalt

Mit notariellem Kaufangebot vom 12.3.2004 wurde B angeboten, ein Grundstück zu einem feststehenden Kaufpreis zu erwerben oder Dritte als Käufer zu benennen. Gem. einer Baubeschreibung der Architekten vom 20.10.2004 sollte auf dem Grundstück ein Wohngebäude neu errichtet werden. Mit Gesellschaftsvertrag vom 24.4.2005 gründeten der Kläger und weitere Personen eine GbR. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollten die Gesellschafter das Grundstück zu Miteigentum erwerben, gemeinsam bebauen und in Eigentumswohnungen aufteilen. Die Bebauung sollte sich an der Objektbeschreibung, der Baubeschreibung, dem Teilungsvertrag und der Kostenberechnung der Architekten orientieren. Die Baukosten waren im Vertrag ausdrücklich als Schätzung bezeichnet und sollten anteilig den Gesellschaftern zugerechnet werden. Zur Führung der Geschäfte bestellten die Gesellschafter B, zum Baubetreuer P. Mit notarieller Urkunde vom 27.4.2005 benannte B die Gesellschafter der GbR als Käufer des Grundstücks und nahm für diese Personen das Kaufangebot an. Sodann schloss die GbR, vertreten durch B und P, mit den Architekten einen Architektenvertrag, beantragte die Baugenehmigung. In der Folgezeit schloss P Einzelverträge mit Bauhandwerkern zur Gebäudeerrichtung

Das FA war der Auffassung, es liege ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vor und bezog die auf den Kläger entfallenden Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG mit der Begründung ab, dem Kläger sei von der Veräußererseite ein bestimmtes Gebäude zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten worden. Die Architekten seien verpflichtet gewesen, die angebotene Bebauung zum vereinbarten Preis sicherzustellen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.10.2011, 11 K 11234/07, Haufe-Index 3570482, EFG 2013, 543).

 

Entscheidung

Der BFH hat wegen der fehlenden Verpflichtung der Veräußererseite zur Gebäudeherstellung das FG-Urteil aufgehoben und die Grunderwerbsteuer unter Ansatz nur des Kaufpreisanteils für das unbebaute Grundstück herabgesetzt.

 

Hinweis

Der BFH hat die Problematik des sog. grunderwerbsteuerrechtlich einheitlichen Erwerbsgegenstands in zahllosen Entscheidungen aufbereitet und ein stark differenziertes Beurteilungsschema entwickelt. Die Thematik liegt an der Schnittstelle zwischen den Steuertatbeständen des § 1 GrEStG und der Bemessungsgrundlage (§ 8 Abs. 1 und § 9 GrEStG). Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein erst noch herzustellender künftiger Grundstückszustand, gehören unter näheren Voraussetzungen auch die hierfür anfallenden Aufwendungen (z.B. Baukosten) in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Das Besprechungsurteil zeigt die dem einheitlichen Erwerbsgegenstand gezogenen Grenzen im Hinblick auf die sog. "eigennützigen Erwerberleistungen", die nicht als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung erfasst werden können, auf.

1. Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in seinem (künftigen) bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. In diesem Fall gehören auch die vom Grundstückserwerber für einen noch herzustellenden künftigen Grundstückszustand (z.B. eine noch durchzuführende Grundstücksbebauung) zu tragenden Aufwendungen grunderwerbsteuerrechtlich zur Gegenleistung.

2. Ein einheitlicher Erwerbsgegenstand ist auch gegeben, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen aufgrund eines abgestimmten Verhaltens auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken und diese zur (künftigen) Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks verpflichtet sind.

3. Trifft hingegen die Veräußererseite keine Verpflichtung zur Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks, sind die vom Grundstückserwerber aufgewendeten Bauerrichtungskosten sog. eigennützige Erwerberleistungen und grunderwerbsteuerrechtlich damit keine Gegenleistung.

Eine Bauerrichtungsverpflichtung, die vom Grundstückserwerber beauftragte Bauhandwerker oder Architekten gegenüber dem Grundstückserwerber übernehmen, begründet keinen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Die vom ...

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