Leitsatz

Ergibt sich aus zusätzlichen Vereinbarungen zum zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand.

 

Sachverhalt

Die B-GmbH unterbreitete der Klägerin am 30.5.006 ein Angebot zur Errichtung eines Hauses auf einem noch nachzuweisenden Grundstück zu einem Pauschalpreis. In dem Angebot wird u. a. auf ein Grundstück in der C-Straße in D verwiesen. Noch am gleichen Tag nahm die Klägerin das Angebot an, die B-GmbH bestätigte die Annahme am 10.7.2006.

Am 22.6.2006 erstellte die E-GmbH auf den Namen der Klägerin einen Plan für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem nämlichen Grundstück in der C-Straße. Am 28.6.2006 erteilte die Klägerin der H-GmbH einen Reservierungsauftrag für das Grundstück und erwarb es am 7.7.2006 von dieser. Nach § 3 des Kaufvertrages hatte die I-GmbH beim Amt für Bauaufsicht in D unter dem 27.10.2004 einen Vorbescheid des Inhalts erwirkt, dass die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück in der C-Straße zulässig sei.

Das Finanzamt ging bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer von einem einheitlichen Vertragswerk aus und setzte sowohl den Grundstückskaufpreis als auch den Pauschalpreis für das Gebäude als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung an. Es ist der Meinung, die B-GmbH habe das Grundstück in der C-Straße mit einem noch zu errichtendem Gebäude zum Kauf angeboten.

 

Entscheidung

Das FG entscheidet, dass nicht von einem einheitlichen Vertragswerk auszugehen ist. Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich aus dem Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung des Veräußerers oder aus mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv engem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben.

Ein solcher objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen ist u. a. gegeben, wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück in bebautem Zustand erhalten würde. Eine derartige Bindung gegenüber der Veräußererseite liegt insbesondere vor, wenn der Bauvertrag vor dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags geschlossen wird. Dabei können auf der Veräußererseite auch mehrere Vertragspartner auftreten. In diesem Fall muss die Bindung an die Bebauung gegenüber der aus mehreren Personen bestehenden, einheitlich agierenden Veräußererseite bestehen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vermochte das FG zu seiner Überzeugung nicht festzustellen, dass die auf Veräußererseite Handelnden zusammengewirkt haben.

 

Hinweis

Das Thema "einheitliches Vertragswerk" wird aufgrund der vom Finanzamt unter dem Az. II R 20/13 eingelegten Revision erneut den BFH beschäftigen. Weitere Revisionsverfahren zu dieser Problematik sind unter den Az. II R 22/13, II R 56/12, II R 54/12 und II R 3/12 anhängig. Die weitere Entwicklung bleibt mit Spannung abzuwarten, denn der BFH hat im Urteil v. 27.9.2012, II R 7/12, BStBl 2013 II S. 86, ausdrücklich hervorgehoben, dass gegen seine diesbezügliche ständige Rechtsprechung keine unions- oder verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und dass sie auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate des BFH steht. Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss v. 20.5.2013, 1 BvR 2766/12).

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.08.2012, 11 K 11139/08

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