Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob die Berechnung des Zollwerts auch dann anhand des Transaktionswerts nach Artikel 29 Zollkodex (ZK) erfolgen darf, wenn der Einfuhr ein gemischter Vertrag mit Kauf- und Dienstleistungselementen zugrunde liegt und ein Gesamtpreis berechnet wird. Fraglich war außerdem, ob die im EuGH-Urteil vom 25.2.1999, C-349/96 (CPP) aufgestellten Kriterien zur umsatzsteuerlichen Einheitlichkeit der Leistung bzw. zur umsatzsteuerlichen Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung auch zugrunde zu legen ist, wenn streitig ist, welche Teile der Transaktion für Zwecke der Anwendung von Artikel 29 ZK zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin, ein auf der Insel Jersey (Teil des Zollgebiets der Gemeinschaft, jedoch nach Artikel 3 der 6. EG-Richtlinie umsatzsteuerliches Drittlandsgebiet) ansässiges Unternehmen, lieferte auf dem Postweg und in Form eines Abonnements Wegwerfkontaktlinsen von Jersey aus in das Vereinigte Königreich. Die Abonnenten zahlten eine monatliche Pauschale, für die sie als Gegenleistung in regelmäßigen Abständen Wegwerflinsen sowie die für deren Pflege erforderlichen Lösungen und Reinigungsbehälter erhielten. Der Preis umfasste außer einer Kontaktlinsenerstberatung oder -untersuchung mindestens einmal im Jahr eine Kontaktlinsenüberprüfung und alle anderen Nachsorgeleistungen in Bezug auf den Gebrauch der Kontaktlinsen. Die britischen Commissioners waren der Auffassung, dass der tatsächliche Wert einer Sendung den gesamten vom Abonnenten zu zahlenden Preis (einschließlich der Dienstleistungselemente) umfasse und bestimmten den Zollwert der Einfuhr entsprechend.

 

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, die Lieferung einer Ware durch ein Unternehmen mit Sitz auf Jersey an einen Kunden mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich stellt eine Einfuhr im Sinne des Artikels 2 Nr. 2 der 6. EG-Richtlinie dar. Die Besteuerungsgrundlage richtet sich somit nach Artikel 11 Teil B Abs. 1 der Richtlinie, also nach dem Wert, der [nach Artikel 29 ZK] als Zollwert bestimmt ist. Von daher können die Grundsätze des EuGH-Urteils CPP, das zur Umsatzsteuer ergangen ist, für die Bestimmung des Zollwerts nicht einschlägig sein.

Nach den weiteren Entscheidungsgründen handelt es sich bei dem Geschäftsangebot der Klägerin um ein Gesamtangebot zu einem einheitlichen Preis. Die darin enthaltenen Dienstleistungen sind daher im Sinne von Artikel 29 ZK enthalten in den "Zahlungen ..., die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer ... zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind", und somit Bestandteil des Zollwerts.

 

Hinweis

Das Urteil ist nachvollziehbar und entspricht deutscher Rechtssauffassung. Nach Artikel 29 Abs. 1 ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert. Gemeint ist damit - neben anderen Faktoren, die im Ausgangsfall unstreitig waren - der Preis, der bei einem Verkauf tatsächlich für die eingeführten Waren zu zahlen ist. Der im Rahmen eines Kaufvertrags vereinbarte Kaufpreis ist damit Grundlage der Zollwertermittlung. Die Transaktionswertmethode ist nach deutscher Auffassung auch auf gemischte Verträge wie die des Ausgangsfalls anwendbar. Denn der Zollwert wird nach Artikel 29 ZK berechnet, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Gegenstand der Transaktion muss eine "Ware" sein,
  • es muss ein "Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft" stattfinden,
  • ein tatsächlich gezahlter oder zu zahlender "Ppreis" muss vorliegen,
  • der gegebenenfalls gemäß den Artikeln 32 und 33 ZK zu berichtigen ist.

Da diese Voraussetzungen im Ausgangsfall erfüllt waren, musste die Transaktionswertmethode auch bei einem gemischten Vertrag wie im Ausgangsfall Anwendung finden.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 23.02.2006, C-491/04

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