4.1 Antragsabhängiges Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG

Sind die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG erfüllt, hat die übernehmende Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt allerdings der Teilwert nach § 6a EStG, wobei ein tatsächlich höherer gemeiner Wert der Versorgungsverpflichtung steuerlich den gemeinen Wert des Unternehmens mindern darf.

Gemäß Rdnr. 24.15 i. V. m. Rdnr. 23.17 UmwSt-Erlass[1] wird unter dem gemeinen Wert der Saldo der gemeinen Werte der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter verstanden. Dabei sind alle stillen Reserven aufzudecken, insbesondere steuerfreie Rücklagen (z. B. Rücklagen nach § 6b EStG, Ersatzbeschaffungsrücklage nach R 6.6. EStR) sind aufzulösen und selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter wie z. B. der originäre Geschäfts- oder Firmenwert anzusetzen. Dies gilt auch, wenn die Einbringung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durchgeführt wird. Nach Rdnr. 24.03 i. V. m Rdnr. 20.17 ff. und Rn. 03.07 ff. UmwSt-Erlass hat die Bewertung mit dem gemeinen Wert nicht bezogen auf jedes einzelne Wirtschaftsgut, sondern bezogen auf die Gesamtheit der übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter zu erfolgen. Es ist demnach eine Unternehmensbewertung erforderlich, bei der nach Rdnr. 03.07 UmwSt-Erlass (auch) das für Zwecke der Erbschaftsteuer vorgesehene vereinfachte Ertragswertverfahren Anwendung finden kann.

Alternativ kann die übernehmende Personengesellschaft nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auf Antrag das übernommene Betriebsvermögen auch mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert ansetzen. Das steuerliche Bewertungswahlrecht kann unabhängig vom Wertansatz in der Handelsbilanz ausgeübt werden. Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz wird wegen der eigenständigen Bewertungswahlrechte in § 24 UmwStG nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG durchbrochen.

Die Ausübung des Bewertungswahlrechts erfolgt auf Antrag, wobei dieser gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Personengesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen ist.[2] Der Antrag bedarf keiner besonderen Form, ist bedingungsfeindlich und unwiderruflich.

Der Ansatz zum Buchwert oder einem Zwischenwert ist nur möglich, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird und die für sonstige Gegenleistungen in § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG vorgesehenen relativen bzw. absoluten Grenzen nicht überschritten werden. Nach Rdnr. 24.03 i. V. m. Rdnr. 20.21 UmwSt-Erlass 2011 wird als steuerliche Schlussbilanz die (reguläre) Steuerbilanz i. S. d. § 5 Abs. 1 EStG angesehen, in der das übernommene Betriebsvermögen erstmals anzusetzen ist.

 
Praxis-Beispiel

Antragsfrist

Am 15.7.02 wird beschlossen, die XY-OHG rückwirkend mit der bereits bestehenden A-GmbH & Co. KG unter Fortführung der Buchwerte zu verschmelzen. Die A-GmbH & Co. KG hat ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr. Als steuerlicher Übertragungsstichtag nach § 24 Abs. 4 zweiter Halbsatz i. V. m. § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG wird der 31.12.01 bzw. alternativ der 1.1.02 gewählt. Der Jahresabschluss zum 31.12.01 einschließlich der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der A-GmbH & Co. KG wurden bereits im Mai 02 beim Finanzamt abgegeben.

Lösung: Der Antragstellung auf Buchwertfortführung steht die bereits abgegebene Bilanz zum 31.12.01 nicht entgegen, da in dieser Bilanz das übernommene Betriebsvermögen noch nicht angesetzt worden ist. Als für den Antrag maßgebende steuerliche Schlussbilanz ist daher die noch auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zu erstellende Bilanz zum 31.12.01 (zusätzlich) anzusehen.

Wird dagegen der 1.1.02 als steuerlicher Übertragungsstichtag gewählt, muss der Antrag auf Buchwertfortführung spätestens bis zur Abgabe der Steuerbilanz zum 31.12.02 gestellt werden.

Bei der Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge, bei der eine steuerliche Rückbeziehung nicht möglich ist, ist der Einbringungszeitpunkt der Tag, an dem das wirtschaftliche Eigentum an dem eingebrachten Vermögen auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Versteht man die steuerliche Schlussbilanz als die Jahresbilanz i. S. d. § 5 Abs. 1 EStG, so kann das Bewertungswahlrecht in § 24 Abs. 2 UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Bilanz des Jahres beantragt werden, in welches der steuerliche Übertragungsstichtag fällt.

 
Praxis-Beispiel

Bewertungswahlrecht bei Einbringung

A bringt seinen Betrieb zum 1.1.02 in die B-GmbH & Co. KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein. Die B-GmbH hat ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr. Die Jahresbilanz zum 31.12.02 ist die steuerliche Schlussbilanz, in der das in die B-GmbH & Co. KG eingebrachte Betriebsvermögen erstmals anzusetzen ist. A...

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