Voraussetzung für die Anwendung des § 20 UmwStG ist, dass die Gegenleistung der übernehmenden Kapitalgesellschaft für das eingebrachte Betriebsvermögen zumindest zum Teil in neuen Gesellschaftsrechten besteht, wobei es ausreichend ist, dass die Sacheinlage als Aufgeld erbracht wird (vgl. Rdnr. 01.44. UmwSt-Erlass). Neue Anteile entstehen nach Rdnr. E 20.10 UmwSt-Erlass nur im Fall der Gesellschaftsgründung oder Kapitalerhöhung, während die verdeckte Einlage, die verschleierte Sachgründung oder verschleierte Sachkapitalerhöhung[1] und die einfache Anwachsung bei einer GmbH & Co. KG (ohne Kapitalerhöhung) nicht in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG fallen.

Nach Rdnr. E 20.10 UmwSt-Erlass liegt eine für die Anwendung des § 20 UmwStG erforderliche Gewährung neuer Anteile nicht vor, wenn z. B. bei einer übernehmenden GmbH das Kapitalerhöhungsverbot nach § 54 Abs. 1 Satz 1 UmwG zu beachten ist. Daneben kann die übernehmende Gesellschaft in den in § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG genannten Fällen auch auf eine Kapitalerhöhung verzichten oder nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG von der Gewährung von Geschäftsanteilen absehen, wenn alle Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers darauf verzichten. Dabei bedürfen die Verzichtserklärungen der notariellen Beurkundung.

Während z. B. eine Sachkapitalgründung bzw. Sachkapitalerhöhung zivilrechtlich stets mit der Gewährung neuer Gesellschaftsrechte verbunden ist, kann sich gem. Rdnr. E 20.10 UmwSt-Erlass aus einem freiwilligen Kapitalerhöhungsverzicht nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG z. B. bei der Seitwärtsverschmelzung einer GmbH & Co. KG auf eine Schwester-GmbH eine Steuerfalle[2] ergeben.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1:

Keine Gewährung von Gesellschaftsrechten

Vater V, der ein Einzelunternehmen betreibt, überträgt dieses nach § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten zum 1.1.2021 auf seinen Sohn S. Bereits im Dezember 2020 hat S eine GmbH durch Bar-Einzahlung eines Stammkapitals von 25.000 EUR gegründet. Im Gesellschaftsvertrag der von S gegründeten GmbH war u. a. Folgendes vereinbart:

Es ist vorgesehen, dass Herr S unabhängig von der heutigen Gründung später den Betrieb seines Vaters im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten soll. Herr S wird diesen Betrieb sodann in die GmbH, ohne Erhöhung des Kapitalkontos, einbringen. Der Wert dieses Betriebs wird der Kapitalrücklage zugeschlagen.

Nach der Vorgabe des Gesellschaftsvertrags wurde auch vorgegangen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wird die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG seien mangels Gewährung neuer Gesellschaftsrechte nicht erfüllt, so dass die Einbringung für S zu einem steuerpflichtigen Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG führt. Zu Recht?

Lösung: Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19.4.2011[3] liegt eine steuerpflichtige Betriebsaufgabe vor, da der Betrieb ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten und damit unentgeltlich im Wege der verdeckten Einlage auf die GmbH übertragen wurde. Die Regelungen des § 6 Abs. 3 EStG sind bei einer verdeckten Einlage nicht einschlägig, da ihr eine Entnahme des Betriebsvermögens zwangsläufig vorausgeht, so dass eine Betriebsübertragung nicht mehr möglich ist.[4] Da die Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag keine Verpflichtung enthalten, sondern nur ein künftiges Tun ankündigen (Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH), ist der Streitfall auch nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der dem BFH-Urteil vom 7.4.2010[5] zugrunde lag.

Die gegen die Entscheidung des FG Baden-Württemberg eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 1.12.2011[6] zurückgewiesen. Es ergebe sich nämlich im Rahmen der Vertragsauslegung, dass die Einbringung des Betriebs nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Gewährung der Anteile an der GmbH gestanden habe. Ob den Regelungen im streitbefangenen Gesellschaftsvertrag eine verbindliche Einbringungsverpflichtung des Klägers entnommen werden kann und ob eine solche ggf. als Aufgeld zur Bareinlage oder aber als (unentgeltliche) verdeckte Einlage zu werten wäre, ist nach Auffassung des BFH eine Frage des Einzelfalls, aus der sich keine der Rechtsfortbildung dienenden verallgemeinerungsfähigen Aussagen ableiten lassen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2:

Keine Gewährung von Gesellschaftsrechten, Variante zu Beispiel 1

V, der ein Einzelunternehmen betreibt, hat zum 1.7.2020 seinen Sohn S in das Unternehmen aufgenommen. Das Unternehmen wurde fortan als OHG weitergeführt, an der V zu 60 % und S zu 40 % beteiligt sind. Das dem V allein gehörende Betriebsgrundstück (wesentliche Betriebsgrundlage) hat dieser seit dem 1.7.2020 an die OHG vermietet. Im Dezember 2020 gründen V und S eine GmbH durch Bar-Einzahlung des Stammkapitals, wobei V eine Stammeinlage von 15.000 EUR und S eine Stammeinlage von 10.000 EUR übernehmen. Zum 1.1.2021 bringen V und S ihre OHG-Anteile in die GmbH ohne Kapitalerhöhung ein. Das Betriebsgrundstück vermietet V ab dem 1.1.2021 an die GmbH.

Lösung: Da mangels Gewährung neuer Gesellschaftsrechte kei...

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