Leitsatz

1. Der Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UmwStG steht weder § 42 AO noch die Rechtsfigur des Gesamtplans entgegen, wenn vor der Einbringung eine wesentliche Betriebsgrundlage des einzubringenden Betriebs unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert wird und die Veräußerung auf Dauer angelegt ist.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage des einzubringenden Betriebs im Rahmen des § 24 Abs. 1 UmwStG darstellt, ist in Fällen der Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung.

 

Normenkette

§ 24 Abs. 1 und 2 UmwStG, § 42 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb ein Entsorgungsunternehmen als Einzelunternehmen. Zum Betriebsvermögen gehörte ein Grundstück, auf dem sich u.a. das Verwaltungsgebäude und eine Lkw-Werkstatt befanden. Nachdem das Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten geriet, gelang es dem Kläger, die X-GmbH als Investor zu gewinnen. Da die X-GmbH kein Interesse an dem Grundstück hatte, verkaufte der Kläger es mit notariellem Vertrag vom 29.9.2000 zum Verkehrswert an seine Ehefrau. Am selben Tag gründete er mit wirtschaftlicher Wirkung im Innenverhältnis zum 1.11.2000 eine GmbH & Co. KG, die am 20.10.2000 in  das Handelsregister eingetragen wurde. Am 24.10.2000 gründete die KG eine B-GmbH und verpflichtete sich, die Stammeinlage durch Einbringung des von ihr betriebenen Unternehmens zu erbringen. Am 27.10.2000 wurde der Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die Ehefrau eingetragen. Am 31.10.2000 brachte der Kläger sein Einzelunternehmen – ohne das Grundstück – in die KG ein. Am selben Tag schlossen die KG und die B-GmbH einen Einbringungsvertrag, nach dem die KG sämtliche Aktiva und Passiva ihres Geschäftsbetriebs in die GmbH einbrachte. Ebenfalls am 31.10.2000 erhöhte die B-GmbH ihr Stammkapital. Den neuen Geschäftsanteil übernahm die X-GmbH mit einem Agio in Höhe von 7.644.380 EUR.

Das Grundstück wurde von der Ehefrau zunächst an die GmbH vermietet, einige Jahre später an die GmbH verkauft.

Das FA war der Auffassung, § 24 UmwStG sei nicht anzuwenden, weil das Grundstück im zeitlichen Zusammenhang mit der Einbringung des Einzelunternehmens in die KG veräußert worden sei. Damit sei eine wesentliche Betriebsgrundlage in einer für die Anwendung des § 24 UmwStG schädlichen Weise zurückbehalten worden.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt (FG Münster, Urteil vom 30.10.2009, 14 K 2937/06 E, Haufe-Index 2271138, EFG 2010, 369).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH sah ebenso wie das FG die Voraussetzungen des § 24 UmwStG trotz der vorherigen Übertragung des betriebsnotwendigen Grundstücks an die Ehefrau als erfüllt an.

 

Hinweis

1. Die Einbringung eines Betriebs i.S.d. § 24 Abs. 1 UmwStG zu Buch- oder Zwischenwerten verlangt, dass sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang in das mitunternehmerische Betriebsvermögen der aufnehmenden Personengesellschaft übertragen werden. Werden Wirtschaftsgüter, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehalten, kommt eine Anwendung des § 24 UmwStG grundsätzlich nicht in Betracht, sodass es zu einer Realisierung der stillen Reserven kommt.

2. Wird aber (ggf. auch kurzfristig) vor der Einbringung des Betriebsvermögens eine wesentliche Betriebsgrundlage zum Verkehrswert veräußert und der (Teil-)Betrieb ohne dieses Wirtschaftsgut eingebracht, ist das nach Auffassung des BFH unschädlich und hindert nicht den Buch- oder Zwischenwertansatz.

3. Ein Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO sieht der BFH nicht, da angesichts der Veräußerung zum Verkehrswert eine "intendierte Steuerminderung" nicht erkennbar sei. Zusätzlich gehe mit der Veräußerung das tatsächliche Risiko bezüglich der übertragenen wesentlichen Betriebsgrundlage auf den Erwerber über, auch wenn durch nachfolgende Nutzungsverträge der zur Ausgangslage unveränderte Nutzungs- und Funktionszusammenhang erhalten bleibt.

4. Der X. Senat sieht in einer solchen Konstellation die Gesamtplanrechtsprechung des BFH ebenfalls nicht als einschlägig an. Ein solcher Gesamtplan sei regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen, zielgerichteten Plans "künstlich" zergliedert werde und den einzelnen Teilakten dabei nur insoweit Bedeutung zukomme, als sie die Erreichung des Endzustands förderten. Konstitutives Merkmal ist damit, dass die Zwischenschritte keine eigenständige Funktion haben. Demgegenüber kann – wie im Streitfall – die vorherige Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage zum Verkehrswert von den Vertragsparteien als Rechtsgeschäft mit sämtlichen Rechtsfolgen gewollt sein.

5. Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass es möglich ist, lediglich bei einem Wirtschaftsgut alle stillen Reserven aufzudecken und den restlichen (Teil-)Betrieb zu Buch- oder Zwischenwerten einzubringen. Zwar soll nach der gesetzlichen Konzeption des UmwStG der Ansatz der Werte einheitlich erfolgen. ...

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