Zusammenfassung

Ein Unternehmen hat bei der Produktion oder Erstellung von Dienstleistungen grundsätzlich die Wahl zwischen eigener Fertigung oder dem Bezug des gesamten Produkts oder Teilen hiervon durch Dritte. Diese Alternativen gilt es aus unterschiedlichen Perspektiven zu bewerten und den Verantwortlichen im Betrieb ausreichende Entscheidungshilfen bereitzustellen. Ein wichtiges Argument ist dabei die Frage der Wirtschaftlichkeit: Ist die Eigenfertigung oder der Fremdbezug unter Kostenaspekten sinnvoller?

Zu beachten ist aber immer, dass die Entscheidung zwischen Eigenfertigung oder Fremdbezug nicht nur unter Kostengesichtspunkten diskutiert werden sollte. In der überwiegenden Zahl der Fälle spielen strategische Überlegungen eine mindestens ebenso wichtige Rolle. Darüber hinaus sollten auch andere, qualitative Aspekte, wie etwa Lieferbereitschaft oder Qualitätsniveau, bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

1 Wann stellt sich die Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug?

Bei der Beantwortung der Frage Eigenfertigung oder Fremdbezug (auch: Make-or-Buy, Outsourcing) handelt es sich zum einen um eine Entscheidung zur Fertigungstiefe: Bei bestehendem Fertigungssortiment und vorhandener Fertigungskapazität muss entschieden werden, ob alle Produktionsstufen im eigenen Betrieb durchlaufen oder einzelne Komponenten oder ganze Produkte von Dritten bezogen werden sollen. Zum anderen entsteht häufig Entscheidungsbedarf bei neu entwickelten Produkten: Sollen einzelne Komponenten und Module oder sogar das ganze Produkt selbst hergestellt oder von Dritten bezogen werden?

Nicht nur unter Kostengesichtspunkten entscheiden

Beide Fragestellungen signalisieren bereits, dass eine derart schwerwiegende Entscheidung nicht ausschließlich unter Kostengesichtspunkten diskutiert werden darf. Dies gilt zumindest, wenn es sich um das so genannte Kerngeschäft handelt. Sollen Produkte oder Teile von Produkten, die bisher im eigenen Betrieb selbst hergestellt worden sind, jetzt fremd bezogen werden, sind häufig tief greifende Einschnitte in bestehende Unternehmensstrukturen erforderlich. Vorhandene Organisationsgefüge werden gelöst, und in den meisten Fällen geht es auch um Entscheidungen zur Weiterbeschäftigung von Personen. Darüber hinaus spielen qualitative Aspekte wie Lieferantenzuverlässigkeit oder Produktqualität eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt muss eine Entscheidung auch zur Strategie des Unternehmens passen. Entscheidungen zu Eigenfertigung oder Fremdbezug sind daher fast immer Entscheidungen, die die Unternehmensleitung treffen muss.

2 Welche Faktoren spielen neben der Wirtschaftlichkeit noch eine Rolle?

Aufgrund der geschilderten strategischen Auswirkung von Make-or-Buy-Entscheidungen und den besonderen Schwierigkeiten, eine einmal getroffene Entscheidung umzukehren, sollten neben der Wirtschaftlichkeit immer ergänzende Faktoren betrachtet werden. Von besonderer Wichtigkeit sind u. a.:

  • Konformität zu langfristigen Unternehmenszielen und -strategien (z. B. Konzentration auf das Kerngeschäft, Verringerung der Wertschöpfungstiefe).
  • Mindestens Einhaltung der eigenen Qualitätsanforderungen durch den Anbieter.
  • Anbieter sollte in seinem Bereich möglichst Technologie- bzw. Marktführer sein.
  • Innovationsgrad des Anbieters muss mindestens dem des eigenen Betriebes entsprechen.
  • Lieferbereitschaft und -zuverlässigkeit des Anbieters muss sichergestellt werden.
  • Sicherstellung der Wahrung von Betriebsgeheimnissen.
  • Jederzeitiger Zugriff auf Know-how des Anbieters.
  • Anbieter sollte nicht gleichzeitig Lieferant für unmittelbare Konkurrenten sein.
  • Der Verlust an Wissen und Know-how im eigenen Unternehmen darf nicht dazu führen, dass das Unternehmen seine derzeitige Marktposition verliert (die besten Mitarbeiter gehen häufig zuerst).
  • Frühzeitige und umfassende Integration der Logistik. Die logistischen Anforderungen an die Lieferung von Modulen, Komponenten oder Zwischenprodukten sind andere als die Anforderungen an Materialien und Rohstoffe, die innerhalb des eigenen Unternehmens verarbeitet werden.
  • Um nicht in die Abhängigkeit eines einzelnen Lieferanten zu gelangen, sollte darauf geachtet werden, dass der Lieferer keine monopolähnliche Stellung besitzt.
  • Aufrechterhaltung der Eigenfertigung kann aufgrund von Image- oder Präsenzgründen erforderlich sein.

3 Welche Vor- und Nachteile ergeben sich bei Fremdbezug?

Die Entscheidung für Fremdbezug sollte also sorgfältig überlegt werden. Daher gilt es, sich im Vorfeld Gedanken über grundsätzliche Vor- und Nachteile zu machen. Einige wichtige sind nachstehend festgehalten:

Vorteile bei Fremdbezug:

  • Verringerung der Fertigungstiefe;
  • Abwälzen eines Teils des unternehmerischen Risikos auf den Lieferer;
  • langfristige Optimierung der Kostenstruktur durch den Abbau von Fixkosten bzw. den "Wandel" von fixen zu variablen Kosten;
  • Verbesserung der Liquiditätssituation und ggf. Verbesserung der Bilanzrelationen (u. a. durch Reduzierung des Verschuldungsgrades, wenn Investitionen, für die Kredite aufgenommen werden müssen, nicht getätigt werden);
  • Fokussierung der Aktivitäten und Ressourcen auf das eigene Kerngeschäft;
  • flexibles Reagieren auf Nachfrageänderung möglich;
  • Reduzierung der Kosten.

Nachteile bei Fremdbez...

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