Leitsatz

Die Feststellung, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers und demnach der "Haupthausstand" einer doppelten Haushaltsführung befindet, bedarf einer sorgfältigen Prüfung und Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, von Beruf Schauspieler, zog 1992 mit seiner Lebensgefährtin nach X. 1978 hatte er ein Wohngrundstück in F erworben. 1993 unterhielt der Kläger z.T. lockere und kurzfristige Engagements mit Film- und Theatergesellschaften in X. Im Streitjahr 1994 erhielt er einen befristeten Arbeitsvertrag bei einem Ensemble in X. Bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1994 machte er Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von rd. 31 000 DM geltend. Zur Begründung führte er an, sein Haupthausstand befinde sich in F. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die tatsächlichen Feststellungen reichten nicht aus, um prüfen zu können, wo sich der "Haupthausstand" bzw. der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Klägers befunden habe. Eine eingehende Prüfung sei u.a. auch deshalb geboten, weil der Kläger hinsichtlich der "Heimfahrten" widersprüchliche Angaben gemacht und in anderem Zusammenhang die zum Teil fremdvermietete Wohnung in F als "Ferienimmobilie" bezeichnet habe.

 

Hinweis

Nach neuerer Rechtsprechung des BFH (grundlegend: Urteil vom 5.10.1994, VI R 62/90, BStBl II 1995, 180) setzt die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung eines nicht verheirateten Arbeitnehmers nicht mehr voraus, dass im eigenen Hausstand des Arbeitnehmers von ihm abhängige Zurechnungspersonen leben. Durch diese Rechtsprechungsänderung ist allerdings die Beantwortung der Frage, wo ein Nichtverheirateter seinen "Haupthausstand" unterhält, schwieriger geworden. Die Gerichte haben gleichwohl sorgfältig zu prüfen, wo sich der Lebensmittelpunkt eines alleinstehenden Arbeitnehmers befindet.

Die angeführte Entscheidung präzisiert nochmals, welche Fragen bzw. Umstände hierbei entscheidend sind bzw. sein können: Zu welchem Wohnort bestehen die engeren persönlichen Beziehungen und Bindungen? Wo halten sich Bezugspersonen des Arbeitnehmers überwiegend auf? Liegt ein längeres oder nur kurzfristiges auswärtiges Beschäftigungsverhältnis vor? Wie oft und wie lange hält sich der Arbeitnehmer in der einen oder anderen Wohnung auf? Wie groß sind diese Wohnungen bzw. wie sind sie ausgestattet? Wie häufig unternimmt der Arbeitnehmer "Heimfahrten"? Wie weit sind die beiden Wohnungen voneinander entfernt? Ggf. ergeben sich aus dem jeweiligen Sachverhalt weitere Fragestellungen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.2.2001, VI R 192/97

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