Leitsatz

Tätigt eine Kapitalgesellschaft Risikogeschäfte (Devisentermingeschäfte), so rechtfertigt dies im Allgemeinen nicht die Annahme, die Geschäfte würden im privaten Interesse des (beherrschenden) Gesellschafters ausgeübt. Die Gesellschaft ist grundsätzlich darin frei, solche Geschäfte und die damit verbundenen Chancen, zugleich aber auch Verlustgefahren wahrzunehmen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 8.7.1998, I R 123/97, BFHE 186, 540, und vom BMF-Schreiben vom 19.12.1996, BStBl I 1997, 112).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die 1976 gegründete Klägerin betreibt einen Handel mit Werkzeugmaschinen nebst allen damit zusammenhängenden sonstigen Tätigkeiten, im Wesentlichen auch mit ausländischen Kunden. Ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist von Beruf Werkzeugmacher. In den von der Klägerin erklärten Steuerbilanzgewinnen und -verlusten sind Verluste aus Devisentermingeschäften zwischen 300000 DM und 2,5 Mio DM enthalten.

Das FA erkannte die aus diesen Geschäften erlittenen Verluste nicht als BA an. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe die Geschäfte in seinem privaten Interesse durchgeführt, weshalb die jeweiligen Verlustübernahmen durch die Klägerin als vGA zu behandeln seien.

 

Entscheidung

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er betont die in den Praxishinweisen bereits hervorgehobene unternehmerische Freiheit, den Unternehmensgegenstand zu bestimmen und in diesem Zusammenhang Risikogeschäfte jederzeit eingehen zu können. Es bedürfe schon des tatsächlichen Nachweises, dass die Geschäfte im ausschließlichen Interesse des Gesellschafters getätigt worden seien. Solches hatte das FG als Vorinstanz des Streitfalls angenommen. Der BFH folgte dem jedoch nicht; die tatrichterlichen Erkenntnisse seien nicht geeignet, die Annahme einer vGA zu tragen.

 

Hinweis

1. Betreibt eine Kapitalgesellschaft Risiko-, insbesondere Devisentermingeschäfte, dann handelt es sich nach Ansicht der Finanzverwaltung regelmäßig um Geschäfte im privaten Interesse des (beherrschenden) Gesellschafters. Folglich seien etwaige Verluste der Gesellschaft als verhinderte Vermögensmehrungen anzusehen und führten zur Annahme von vGA. Bereits mit Urteil vom 8.7.1998, I R 123/97 (BFHE 186, 540) hatte der BFH allerdings die Grenzen einer solchen Sichtweise herausgestellt: Es sei Sache der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung, solche Geschäfte und die damit verbundenen Chancen, aber auch die Verlustgefahren wahr- und in Kauf zu nehmen.

Es komme weder darauf an, ob sich die Übernahme solcher Geschäfte mit den Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers decke noch ob diese Geschäfte "nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft völlig unüblich" oder "mit hohen Risiken verbunden" seien (so aber die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben, BStBl I 1997, 112, unter 2.). (Abgesehen davon, dass derartige "Üblichkeitserwägungen" ohnehin und generell nicht geeignet sind, die unternehmerische Freiheit einzuschränken, jedes erlaubte Geschäft betreiben zu können, bleibt an dieser Stelle anzumerken, dass Absicherungsgeschäfte – oder sog. "Hedging" – heutzutage alles andere als unüblich sein dürften.)

2. Diese Grundsätze werden nun nochmals herausgestellt: Es muss schon recht "krass kommen", soll bei Eingehen und Durchführen entsprechender Geschäfte eine vGA angenommen werden. So können die Dinge z.B. – aber nur ausnahmsweise – liegen, wenn die Gesellschaft sich verpflichtet, Spekulationsverluste zu tragen, Spekulationsgewinne aber an den Gesellschafter abzuführen, oder wenn sie sich erst zu einem Zeitpunkt zur Übernahme der in Rede stehenden Geschäfte entschließt, in dem sich eine dauerhafte Verlustsituation bereits konkret abzeichnet, oder auch, wenn die Gesellschaft nur aus Gründen der Verlustübernahme oder ausschließlich zur Befriedigung der Spielleidenschaft des Gesellschafters errichtet wird (so im Urteil vom 8.7.1998, I R 123/97, BFHE 186, 540).

3. Beachten Sie aber unbedingt: Keinesfalls – und das bleibt definitiv festzustellen und festzuhalten – ziehen unternehmerische Fehlleistungen und Fehlentscheidungen eine vGA nach sich: Der Geschäftsführer hat das "steuerliche Recht", so falsch wie irgend denkbar zu handeln, ohne dass der Finanzverwaltung deshalb ihrerseits das Recht zustünde, diesen Fehler qua vGA "auszumerzen" und die Gesellschaft im Ergebnis einer Soll-Gewinnbesteuerung zu unterwerfen (vgl. bereits Urteil vom 17.11.1999, I R 4/99, BFH/PR 2001, 56).

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Geschäftsführer Fehler macht, welche ihn zu schuldrechtlichem (oder gesellschaftsrechtlichem) Schadensausgleich gegenüber seiner Gesellschaft nötigen. Auch dann kommt der Schadenszufügung allenfalls dann ausschüttungsgleicher Charakter zu, wenn der Fehler jedenfalls im weitesten Sinn geeignet ist, beim Gesellschafter-Geschäftsführer einen Vorteil nach sich zu ziehen. Das aber ist letztlich nahezu undenkbar, wenn die Gesellschaft Risikogeschäfte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung vornimmt.

4. Ob trotz allem ausnahmsweise g...

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