Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die EG-rechtliche Vereinbarkeit der Erhebung von Grundsteuer auf Bauleistungen, die zusätzlich zur Umsatzbesteuerung dieser Leistungen erfolgt.

Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 20.12.2004 gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Baugrundstück von einer Grundstücksgesellschaft. Mit Vertrag vom 3.12.2004 hatten sie bereits ein Bauunternehmen mit der Errichtung eines Einfamilienhauses auf diesem Grundstück beauftragt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer des beauftragten Bauunternehmens war zugleich Beteiligter der Grundstücksgesellschaft. Die in der Folge erbrachten Bauleistungen unterlagen der Umsatzsteuer, die der Klägerin und ihrem Ehemann in Rechnung gestellt wurde. Das Finanzamt setzte für den Erwerb des Grundstücks Grunderwerbsteuer fest. Als Bemessungsgrundlage für diese Steuer legte es nicht nur den Kaufpreis des Grundstücks zu Grunde, sondern auch die vereinbarten Baukosten für die Errichtung des Einfamilienhauses. Aufgrund der personellen Verflechtung des Bauunternehmens und der Grundstücksgesellschaft sei ein Zusammenwirken der beiden Unternehmen anzunehmen. Obwohl der Bauvertrag als solcher nicht der Grunderwerbsteuer unterliege, sei in einem solchen Fall nach der Rechtsprechung des BFH (so etwa BFH, Urteil v. 27.10.1999, II R 17/99, BStBl II 2000, 34) als Gegenstand der Grunderwerbsteuer das künftig bebaute Grundstück anzusehen.

Die Klägerin erhob gegen diese Festsetzung Klage. Nach ihrer Auffassung durfte die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nur den Grundstückskaufpreis, nicht aber zusätzlich die vereinbarten Baukosten umfassen. Das FG Niedersachsen hatte Zweifel an der Vereinbarkeit der Rechtsprechung des BFH mit Artikel 33 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie bzw (ab 1.1.2007) Artikel 401 MwStSystRL. Das Vorlagegericht entnahm diesen Bestimmungen ein umsatzsteuerliches Mehrfachbelastungsverbot, das Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens des internationalen Steuerrechtes sei, wonach Doppelbesteuerungen zu vermeiden seien. Die Bauleistungen seien in der vorliegenden Konstellation jedoch sowohl mit Grunderwerbsteuer als auch mit Umsatzsteuer belastet. Das Vorlagegericht stellte ausdrücklich die grundsätzliche gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der deutschen Grunderwerbsteuer nicht in Frage. Soweit sich die Grunderwerbsteuer aber auf die beschriebenen künftigen Bauleistungen beziehe, könne sie eine gemeinschaftsrechtswidrige "Sonderumsatzsteuer" darstellen. Denn die Grunderwerbsteuer wirke im Bereich der Errichtung von Gebäuden wie eine der Mehrwertsteuer vergleichbare proportionale, allgemeine Abgabe, die sich auf den geschaffenen Mehrwert beziehe.

 

Entscheidung

Der EuGH hat mit Beschluss nach Artikel 104 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs entschieden. Diese Vorschrift regelt in Unterabsatz 1: Stimmt eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage mit einer Frage überein, über die der Gerichtshof bereits entschieden hat, oder kann die Antwort auf eine solche Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden, kann der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist und auf das frühere Urteil oder auf die betreffende Rechtsprechung verweist. Nach Unterabsatz 2 gilt: Der Gerichtshof kann nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts und nachdem er den in Artikel 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben und den Generalanwalt angehört hat, ebenfalls durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, entscheiden, wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt.

Nach dem EuGH-Beschluss hindert Art. 33 der 6. EG-Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks künftige Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Verkehrsteuern wie die deutsche Grunderwerbsteuer einzubeziehen und somit einen nach der 6. EG-Richtlinie umsatzsteuerbaren Vorgang zusätzlich mit diesen weiteren Steuern zu belegen, sofern diese nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben. Zur Begründung verweist der EuGH im Wesentlichen auf sein Urteil vom 8.7.1986, Rs. 73/85 (Kerrutt). Aus diesem Urteil ergibt sich bereits, dass Grunderwerbsteuern auch dann erhoben werden können, wenn dies zu einer Kumulierung mit der Mehrwertsteuer bei ein und demselben Vorgang führt. Ferner lässt nach diesem Urteil das das Gemeinschaftsrecht bei seinem gegenwärtigen Stand konkurrierende Abgabenregelungen zu. Der EuGH führt weiter aus, dass Art. 33 der 6. EG-Richtlinie in der vorliegenden Rechtssache nicht anders auszulegen war. Jedenfalls - so der EuGH - ähnelte der im Urteil Kerrutt beurteilte Fall dem im vorliegenden Verfahren beschriebenen Fall insoweit, als er ebenfalls durch eine Kumulierung von Grunderwerbsteuer und Mehrwertsteuer gekennzeichnet war.

Weiter führt der EuGH aus, dass die deutsche Grunderwerbsteuer keines der Merkmale der Mehrwertsteuer aufweist und von daher nicht den Charakter einer M...

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