Zusammenfassung

  • Design Thinking ist ein aus den Künsten hervorgegangener Ansatz für Innovation, Veränderung und Problemlösung, der betriebswirtschaftlich nutzbar ist. Dabei ist es das Ziel, den Nutzer intensiv zu beobachten und besser zu verstehen, um so ein tieferes Problemverständnis zu erhalten und stärker nutzerzentrierte Lösungen zu entwickeln.
  • Die Methode ist agil und humanzentriert, da die erarbeiteten Möglichkeiten stetig am Nutzer-Feedback gemessen werden. Die Prozesse wechseln zwischen Divergenz und Konvergenz, um Chancen zu erforschen und Entscheidungen zu treffen.
  • Nachdem agile Methoden die Technologieentwicklung in den letzten Jahren bereits nachhaltig verändert haben, erreicht das Thema Agilität nun verstärkt auch die Entwicklung von Geschäfts- und Produktideen.
  • In der Strategieentwicklung kann Design Thinking eingesetzt werden, um wechselseitig mit dem Kunden die besten Strategien für die Zukunft zu gestalten.

1 Ausgangssituation erschwerter Planbarkeit

1.1 Zunehmende Komplexität und Nichtlinearität

Zunehmende Vernetzung erhöht Komplexität

Die Welle digitaler Basisinnovationen wie Internet, Blockchain oder künstliche Intelligenz macht uns zunehmend zu Zuschauern einer rasanten Entwicklung, die zu einer zunehmenden Vernetzung sowie zu veränderten Einstellungen und Erwartungen der Wirtschaftssubjekte führt. In der Folge verändert sich die Vorhersehbarkeit zukünftiger Ereignisse.

Die steigende Komplexität erwächst heute vor allem aus einer zunehmenden Vernetzungsdichte;[1] immer mehr lineare Systeme werden durch nichtlineare ersetzt. Ein lineares System geht davon aus, dass wir Regeln kennen. Wenn ich X tue, wird das den Effekt Y haben. Nichtlineare Systeme sind komplex und deren Regeln oft nicht erkenn- oder steuerbar. Nach dem Motto: Wenn ich ein Loch stopfe, tun sich 2 weitere auf.

Nichtlinearität verringert betriebswirtschaftliche Planbarkeit

Dies hat Auswirkungen auf die betriebswirtschaftliche Planbarkeit und die Effektivität der bekannten Instrumente. Die nichtlineare Systemdynamik führt zu zunehmend chaotischen Situationen, einer geringeren Verlässlichkeit von Expertenaussagen sowie abnehmender Zuverlässigkeit von Planung insgesamt.

[1] Kruse, zitiert nach Dallwitz-Wegner, 2016, S. 19.

1.2 Von Push zu Pull

Umkehrung der Wertschöpfung

Aufgrund der wachsenden Komplexität stellen neuere Ansätze den Kunden in den Fokus und an den Beginn der Planung. Die Richtung der Wertschöpfungskette wird gedanklich quasi umgedreht. John Hagel spricht daher vom "Big Shift". Die grundsätzliche Richtung der Leistungserstellung in Unternehmen wird mittel- bis langfristig umgekehrt ("from push to pull").[1]

Diese Pull-Ansätze betonen, dass sich Wertschöpfung nur gemeinsam mit dem Kunden entwickeln lässt (siehe Ansätze wie Co-Creation[2]). Damit verwandte Konzepte wie die servicedominante Logik verwerfen sogar, dass ein Produkt einen inneren Wert haben kann, und gehen davon aus, dass der Produktwert nur vom Kunden während der Nutzung erschlossen werden kann (sog. "value in use").[3] Insgesamt lässt sich also ein Umdenken in der Betriebswirtschaft weg vom Planer hin zum Kunden als Ausgangspunkt konzeptioneller Erkenntnis beobachten.

[1] Hagel et al., 2010.
[2] Prahalad, 2004.
[3] Vargo/Lusch, 2004.

1.3 Agilität und Nutzerzentriertheit in der Innovationsentwicklung notwendig

Breiterer Wissenserwerb durch Kollaboration

Kollaborative Ansätze wie Open Innovation und Open Source sind daher als Innovationsstrategien unter den Bedingungen steigender Komplexität und abnehmender Vorhersagbarkeit zu betrachten. Sie erschließen weitere Wissensquellen, als es die klassischen Innovationsmethoden der Push-Ökonomie ermöglichen.

Mehr Wendigkeit durch Agilität

Eine weitere wichtige Komponente zukünftiger Innovationsmethoden im Kontext von Komplexität und Nichtlinearität ist Agilität. Agilität meint nicht Schnelligkeit i. S. e. per se verkürzten Entwicklungsprozesses. Es geht nicht um Prozesseffizienz, sondern um Effektivität, da Sackgassen der Innovation früher erkannt werden und so Ressourcen für unsinnige Entwicklungsaufgaben gespart werden können. Agile Methoden dienen daher im übertragenen Sinne auch dem Risikomanagement.

Die bekannteste agile Methode ist Scrum, die vor allem in der Lösungsentwicklung eingesetzt wird. Dabei fokussiert Scrum eher darauf, welche Funktionen einer Gesamtlösung priorisiert werden sollen. Gegenüber dem Wasserfall-Modell, welches alle Anforderungen zu Beginn festlegt (und somit von einem höheren Grad der Planbarkeit und Vorhersagbarkeit ausgeht), arbeitet Scrum streng iterativ. Die Entwicklung ist in sog. Sprints (etwa 2- bis 4-wöchige Perioden) eingeteilt, in denen hoch priorisierte Anforderungen umgesetzt werden. Am Ende einer Iteration ist prinzipiell eine Feedbackschleife zum Kunden bzw. Nutzer vorgesehen – entweder durch Launch und Tests oder intern durch ein Sprint-Review, in dem das Scrum-Team dem Product Owner (der die Kundenperspektive vertritt) die Ergebnisse präsentiert. Scrum und andere agile Methoden haben sich als wertvoll erwiesen, weil sie früher Feedbacks und Erkenntnisse über die Adaption des Produkts bzw. Service ermöglichen. Dadurch können auch Entscheidungen über die Richtung der Weiterentwickl...

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